2.2.4.1 Verlust der Einspruchsbefugnis
Rz. 13
Die Prozessstandschaft und Einspruchsbefugnis der Personenvereinigung setzt deren Bestehen voraus. Die in § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO verankerte alleinige Befugnis der Personenvereinigung, im eigenen Namen fremde Rechte wahrzunehmen, nämlich die ihrer von dem Feststellungsbescheid materiell betroffenen Feststellungsbeteiligten, und für diese Einspruch gegen Feststellungsbescheide einzulegen, erlischt mit ihrer handelsrechtlichen Vollbeendigung. Sie verliert ihre Beteiligungsfähigkeit im Verfahren hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung.
Rz. 13a
Der Verlust der Beteiligungsfähigkeit bewirkt notwendig den Wegfall der Vertretungsbefugnis ihrer Geschäftsführer.
Rz. 13b
Mit der handelsrechtlichen Vollbeendigung der Personenvereinigung sind allein die von dem Feststellungsbescheid betroffenen Feststellungsbeteiligten einspruchsbefugt. Die gesetzliche Prozessstandschaft und die Einspruchsbefugnis geht nicht auf einen Rechtsnachfolger der Personenvereinigung über. Hierbei ist es unerheblich, ob einzelne oder alle Feststellungsbeteiligte der vollbeendeten Personenvereinigung an einer nachfolgenden Personenvereinigung beteiligt sind.
Rz. 13c
Ist die Personenvereinigung im Zeitpunkt des Ergehens des Feststellungsbescheids aufgelöst, so ist dieser jedem früheren Feststellungsbeteiligten gesondert bekannt zu geben. Es kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der frühere vertretungsberechtigte Geschäftsführer weiterhin bevollmächtigt ist, einen Feststellungsbescheid i. S. v. § 352 Abs. 1 AO mit Wirkung für und gegen alle früheren Feststellungsbeteiligten entgegenzunehmen und ggf. anzugreifen. Nach Beendigung der Personenvereinigung muss jeder frühere Feststellungsbeteiligte selbstständig Einspruch einlegen.
Rz. 13d
Dies gilt auch, wenn die Vollbeendigung während des anhängigen Einspruchsverfahrens eintritt. Es findet entspr. § 239 ZPO verfahrensrechtlich wie im Fall der Gesamtrechtsnachfolge ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel statt, und es sind nunmehr allein die vom angefochtenen Feststellungsbescheid betroffenen Feststellungsbeteiligten einspruchsbefugt. Dies sind diejenigen Feststellungsbeteiligten, deren Mitgliedschaft in dem Zeitraum bestand, für die die angegriffene Feststellung ergangen ist.
Die Vollbeendigung während des anhängigen Einspruchsverfahrens führt aber nach § 246 ZPO dann regelmäßig nicht zu einer Verfahrensunterbrechung, wenn die vollbeendete Personenvereinigung durch einen Bevollmächtigten vertreten war, sofern keine Aussetzung des Verfahrens beantragt wird. Nach § 86 ZPO wird die Vollmacht durch den Wegfall des Vollmachtgebers nicht aufgehoben, sie behält im Verhältnis zu den Rechtsnachfolgern, die anstelle des Vollmachtgebers Einspruchsführer geworden sind, ihre Wirkung. Macht der Bevollmächtigte von der Möglichkeit, eine Aussetzung des Verfahrens zu beantragen, keinen Gebrauch, so müssen die Rechtsnachfolger der ursprünglichen Einspruchsführerin die Verfahrenshandlungen des Bevollmächtigten auch dann gegen sich gelten lassen, wenn sie den Bevollmächtigten nicht selbst mit ihrer Vertretung beauftragt haben.
Bleibt die Vollbeendigung der nicht vertretenen Personenvereinigung während des Einspruchsverfahrens unbeachtet, so darf die eingelegte Klage der Personenvereinigung gegen eine gleichwohl in der Sache ergangene Entscheidung nicht allein deshalb als unzulässig verworfen werden, sondern die vollbeendete Personenvereinigung ist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens als beteiligten- und prozessfähig zu behandeln, weil sie die Möglichkeit haben muss, eine zu Unrecht gegen sie ergangene Entscheidung zu beseitigen.
Rz. 13e
Die vollbeendete Personenvereinigung, vertreten durch ihren ehemaligen Geschäftsführer, ist aber dann einspruchsbefugt, wenn sie im Einspruchsverfahren einen ihr gegenüber ergangenen Feststellungsbescheid mit der Begründung der fehlenden Steuerrechtsfähigkeit anfechten will. Sie kann durch die Anfechtung den von der Finanzbehörde verursachten Rechtsschein beseitigen.