1 Allgemeines

1.1 Überblick und Zweck

 

Rz. 1

§ 353 AO regelt die Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers bei "Bescheiden mit dinglicher Wirkung", also Bescheiden, die vor Eintritt der Rechtsnachfolge dem Rechtsvorgänger bekannt gegeben wurden und die nach § 182 Abs. 2 AO (und den auf diese Regelung verweisenden Vorschriften) auch gegenüber dem Rechtsnachfolger wirken, auf den der von dem Bescheid betroffene Gegenstand mit steuerlicher Wirkung übergeht.

Durch § 353 AO wird klargestellt, dass der Rechtsnachfolger zwar zum Einspruch gegen den Bescheid befugt ist, obwohl ihm gegenüber keine Bekanntgabe erfolgt ist. Er hat jedoch die Einspruchsfrist einzuhalten, die mit der Bekanntgabe des Bescheids an den Rechtsvorgänger begonnen hat.

 

Rz. 2

§ 353 AO gewährleistet damit die dingliche Wirkung der betroffenen Bescheide im Einspruchsverfahren.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 3

Die Vorschrift des § 353 AO geht auf § 240 RAO 1931 zurück, der in umformulierter, heute noch nahezu gleicher Form in die AO 1977 übernommen wurde.[1]

Mit dem Gesetz zur einkommensteuerlichen Entlastung von Grenzpendlern und anderen beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen und zur Änderung anderer gesetzlicher Vorschriften (Grenzpendlergesetz)[2] wurde die Beschwerde als außergerichtlicher Rechtsbehelf abgeschafft und in § 353 AO der Begriff "Rechtsbehelfsfrist" durch "Einspruchsfrist" ersetzt.

Im Rahmen des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999)[3] wurde § 182 Abs. 2 AO um S. 3 erweitert, wonach auch ein Feststellungsbescheid über sich erst später auswirkende Besteuerungsgrundlagen nach der neu eingeführten VO zu § 180 Abs. 2 S. 3 AO gegenüber einem Rechtsnachfolger wirkt. Erst durch das Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001)[4] wurde § 353 AO an diese Ergänzung angepasst.

[1] Vgl. im Einzelnen Tappe, in HHSp, AO/FGO, § 353 AO Rz. 1ff.
[2] V. 24.6.1994, BGBl I 1994, 1395.
[3] V. 22.12.1999, BGBl I 1999, 2601.
[4] V. 20.12.2001, BGBl I 2001, 3794.

2 Voraussetzungen für die Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers

2.1 Erfasste Bescheide

 

Rz. 4

§ 353 AO betrifft die Bescheide, die nach § 182 Abs. 2 AO und den auf diese verweisenden Vorschriften gegenüber dem Rechtsnachfolger wirken, ohne dass sie diesem bekannt gegeben worden sind.

Die von § 353 AO erfassten Bescheide lassen sich als "Bescheide mit dinglicher Wirkung" zusammenfassen, da sie an Gegenstände, wie z. B. Grundstücke, Gewerbebetriebe oder Anlagen, anknüpfen und ihre Rechtswirkung nach § 182 Abs. 2 S. 1 AO auch gegenüber dem Rechtsnachfolger eintritt, auf den der Gegenstand mit steuerlicher Wirkung übergeht.

Es sind dies im Einzelnen:

  • Feststellungsbescheide über den Einheitswert, z. B. von Grundstücken oder Gewerbebetrieben[1],
  • Grundsteuermessbescheide[2],
  • Zerlegungsbescheide über den Grundsteuermessbetrag[3],
  • Zuteilungsbescheide über den Grundsteuermessbetrag[4],
  • Feststellungsbescheide beim Übergang zur Liebhaberei[5],
  • Feststellungsbescheide beim Einsatz von Versicherungen zu Finanzierungszwecken[6],
  • Feststellungsbescheide zu steuerverstrickten Anteilen an Kapitalgesellschaften.[7]
 

Rz. 5

Für die Ablehnung, die genannten Bescheide zu erlassen, gilt § 353 AO entsprechend.[8]

2.2 Bekanntgabe des Bescheids

 

Rz. 6

Die Wirkung des § 353 AO tritt zwar ein, ohne dass der erfasste Bescheid gegenüber dem Rechtsnachfolger "bekanntgegeben worden ist". Voraussetzung für die Wirkung gegenüber dem Rechtsnachfolger ist nach § 182 Abs. 2 S. 1 AO, auf den § 353 AO verweist, allerdings, dass der Bescheid vor dem Eintritt der Rechtsnachfolge an den Rechtsvorgänger bekannt gegeben wurde.

Tritt die Rechtsnachfolge ein, bevor der Bescheid ergangen ist, wirkt der Bescheid gegen den Rechtsnachfolger nach § 182 Abs. 2 S. 2 AO nur dann, wenn er ihm selbst bekannt gegeben wird.[1] § 353 AO ist in diesem Fall nicht einschlägig.

2.3 Rechtsnachfolger

 

Rz. 7

§ 353 AO bestimmt die Wirkung der von ihm erfassten Bescheide gegenüber dem "Rechtsnachfolger".

§ 182 Abs. 2 S. 2 AO, auf den § 353 AO sich bezieht, betrifft den Rechtsnachfolger, auf den der von dem Bescheid betroffene Gegenstand mit steuerlicher Wirkung übergeht. Ein solcher Übergang des Gegenstands mit steuerlicher Wirkung ist bei einer Veränderung der steuerlichen Zurechnung gem. § 39 AO gegeben.[1] Dies wird regelmäßig eine Eigentumsveränderung im Wege der Einzelrechtsnachfolge sein.

 

Rz. 8

§ 353 AO gilt auch im Fall der Gesamtrechtsnachfolge[2], also z. B. bei Erbfolge[3] sowie bei Umwandlungen nach dem UmwStG. Hier ergibt sich die Bindungswirkung der Bescheide aber bereits aus § 45 Abs. 1 AO.[4]

[1] Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 353 Rz. 3; ...

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