Rz. 167
Der Eintritt der Strafverfolgungsverjährung hindert nach § 78 Abs. 1 StGB die Verfolgung der Straftat, deren Ahndung oder die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung, der Einziehung und die Unbrauchbarmachung. Die Strafverfolgungsverjährung bewirkt ein von Amts wegen in jedem Stadium des Strafverfahrens zu beachtendes und nicht behebbares Verfahrenshindernis. Sie hindert bereits die Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens.
Bei mehreren Taten, z. B. der Hinterziehung verschiedener Steuern für verschiedene Veranlagungszeiträume tritt die Verjährung für jede einzelne Tat, damit auch für jeden einzelnen Tatbeteiligten, gesondert ein, unabhängig davon, ob Tateinheit oder Tatmehrheit (vgl. Rz. 116ff.) vorliegt. Die Verjährungsfrist (vgl. Rz. 169) kann damit für jede Tat unterschiedlich sein. Bei der Strafzumessung (vgl. Rz. 161ff.) können allerdings diese verjährten Tatteile strafschärfend berücksichtigt werden.
Die Strafverfolgungsverjährung wirkt sich gem. § 171 Abs. 7 AO unmittelbar auf die Steuerfestsetzungsverjährung aus.
Rz. 168
Der Beginn der Strafverfolgungsverjährungsfrist tritt nach § 78a StGB mit der rechtlichen Beendigung der Tat ein (vgl. Vgl. Rz. 74). Dies ist der Zeitpunkt des Erfolgseintritts, wenn dieser zum gesetzlichen Straftatbestand gehört, wie es z. B. bei der Steuerhinterziehung der Fall ist. Der Verjährungsbeginn für den Teilnehmer richtet sich i. d. R. nach der Beendigung der Haupttat.
Rz. 169
Die Dauer der Strafverfolgungsverjährungsfrist richtet sich grundsätzlich gem. § 78 Abs. 4 StGB nach der Strafandrohung des verwirklichten Straftatbestands. Grundlage ist insoweit die regelmäßige Strafandrohung im Regelstrafrahmen, unberücksichtigt bleiben individuelle Strafschärfungen oder -milderungen (vgl. Rz. 163), die sich aus den Vorschriften des allgemeinen Teils des StGB ergeben.
Rz. 170
Die regelmäßige Strafverfolgungsverjährung dauert:
Rz. 171
Diese regelmäßige Dauer der Strafverfolgungsverjährung kann nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen modifiziert werden. Hier bestimmt § 376 Abs. 1 AO, dass die Strafverfolgungsverjährung für die Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1–6 AO fünfzehn Jahre beträgt. Diese durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2020 vom 21.12.2020 eingeführte Verlängerung von zehn auf fünfzehn Jahre begründet der Gesetzgeber damit, dass der hohen Komplexität und den teilweise internationalen Bezügen von Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung Rechnung zu tragen sei und den Finanzbehörden sowie den Strafverfolgungsbehörden ausreichend Zeit für die Verfolgung dieser Taten eingeräumt werden müsse.
Die bis dahin geltende Verjährungsfrist von zehn Jahren sah der Gesetzgeber im Hinblick auf die sich aus der zunehmenden Digitalisierung ergebenden Schwierigkeiten, Geldflüsse oder die Übertragung von Wirtschaftsgütern nachzuvollziehen und erforderlichenfalls Amtshilfe anderer Staaten in Anspruch zu nehmen, als nicht ausreichend an, um steuerstrafrechtlich relevante Sachverhalte rechtzeitig aufdecken und vollumfänglich ausermitteln zu können.
Rz. 172
Gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB greift die absolute Grenze der Verjährung ein, wenn seit der Beendigung der Tat das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist. Bei der Steuerhinterziehung beträgt die absolute Verjährungsfrist somit zehn Jahre.
Auch insoweit gilt allerdings eine Ausnahme für die Fälle des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 6 AO. Der Gesetzgeber hat zur Ermöglichung umfassender und langandauernder Ermittlungen durch die Änderung des § 376 Abs. 3 AO mit dem JStG 2020 vom 21.12.2020 die absolute Verjährungsfrist hinausgeschoben, so dass sie nicht nach dem Doppelten, sondern erst nach dem Zweieinhalbfachen der gesetzlichen Verjährungsfrist eintritt. Folglich tritt sie in den Fällen des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 6 AO erst nach 37 ½ Jahren (!) ein.
Die absolute Verjährung wird nach § 78b Abs. 3 StGB nur dann verhindert, wenn ein erstinstanzliches Urteil vorliegt. In diesem Fall läuft die Verjährung bis zum Eintritt der Rechtskraft.
Rz. 173
Nach § 78b StGB tritt ein Ruhen d...