Dr. Karsten Webel, Dr. Wolfgang Dumke †
Rz. 256
Die Steuerhinterziehung kann auch allgemeine verwaltungsrechtliche Folgen auslösen:
- Untersagung der Gewerbeausübung nach § 35 GewO,
- Widerruf der ärztlichen Approbation bei schwerwiegendem, beharrlichem steuerlichen Fehlverhalten,
- Entziehung des Waffenscheins gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG,
- Entziehung des Jagdscheins als Folgewirkung der Entziehung des Waffenscheins,
- Entzug der Zulassung als Steuerberater/Rechtsanwalt,
- Ausweisung von Ausländern nach § 55 AufenthG,
- Versagung des Passes nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG bzw. dessen Einziehung bei hohen Steuerschulden und Anzeichen für eine Steuerflucht ins Ausland,
- Versagung des Personenbeförderungsscheines,
- Aberkennung der Gemeinnützigkeit,
- Verlust der Vergünstigungen zum Abfindungsbrennen nach § 116a Abs. 1 Nr. 9 Brennereiordnung.
Rz. 257
Bei Beamten kann die Steuerhinterziehung in eigener Sache oder auch in dienstlichen Sachen (s. Rz. 21) disziplinarrechtliche Folgen haben (s. FG Düsseldorf v. 8.3.1999, 18 V 6743/98 AE (AO), EFG 2000, 87; zur Berücksichtigung bei der Strafbemessung s. Rz. 198). Nach z. B. § 48 BundesbeamtenG bewirkt die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen (s. Rz. 22) Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bzw. die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (s. Rz. 39, 40) kraft Gesetzes die Beendigung des Beamtenverhältnisses.
Das BMF hat mit Schreiben v. 20.6.2011 (IV A 3 – S 0130/08/10006, BStBl I 2011, 574) die Mitteilungsverpflichtungen der Finanzbehörden zur Durchführung disziplinarrechtlicher Maßnahmen konkretisiert.
Bei Angehörigen berufsständischer Organisationen können auch standesrechtliche Folgen eintreten. Die Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter ist nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 StBerG zu widerrufen, wenn durch eine strafrechtliche Verurteilung der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden (s. Rz. 245), eingetreten ist.
Rz. 258
Wegen der zivilrechtlichen Folgen für Verträge, mit denen eine Steuerhinterziehung verbunden ist, s. grundsätzlich Heinrichs, in Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 134 BGB Rz. 23, § 138 BGB Rz. 44. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Verabredung einer Steuerhinterziehung als solche gem. § 134 BGB nichtig ist. Ansonsten sind Verträge, mit denen eine Steuerhinterziehung verbunden ist, grundsätzlich nur dann nach §§ 134, 138 BGB nichtig, wenn der Hauptzweck des Vertrags gerade die Steuerhinterziehung ist.
Daneben ist auch eine Vereinbarung nichtig, ein steuerlich relevantes Geschäft "ohne Rechnung" abzuwickeln. Dem "oR-Geschäft" ist eine Vereinbarung gleichzusetzen, in der aus steuerlichen Gründen die zu erbringende Leistung niedriger dokumentiert wird, als sie tatsächlich vereinbart worden ist.
Die "Schwarzgeldabrede" in einem Arbeitsvertrag, also die Vereinbarung, unter Verstoß gegen Strafgesetze die Arbeitsvergütung ganz oder z. T. ohne Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zu zahlen, löst die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB nur dann für das gesamte Vertragsverhältnis aus, wenn die Absicht, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu hinterziehen, Hauptzweck der Vereinbarung ist.
Die Verwirklichung des Straftatbestands der Steuerhinterziehung begründet für die Finanzbehörde keinen Schadensersatzanspruch. Der Straftatbestand des § 370 AO ist kein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB.