Rz. 33a

Eine psychische Beihilfe eines Ehegatten zur Steuerhinterziehung des anderen Ehegatten liegt nicht schon in der Unterzeichnung der gemeinsamen Steuererklärung in Kenntnis der unrichtigen Angaben des hinterziehenden Ehegatten[1]. M. E. liegt aber eine Beihilfe dann vor, wenn Tatbeiträge vorliegen, die über das Unterschreiben der gemeinsamen Steuererklärung hinausgehen[2], und hierdurch der Tatentschluss des Ehegatten bestärkt (s. Rz. 31) wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der hinterziehende Ehegatte von der Kenntnis des anderen Ehegatten weiß[3]. Bei einverständlichem Zusammenwirken der Ehegatten liegt Mittäterschaft (s. Rz. 14a) vor jedenfalls in den Fällen, in denen die unrichtigen Angaben Besteuerungsgrundlagen betreffen, die für beide Ehegatten gelten[4]. Macht der Ehegatte nicht deutlich, dass er die Unrichtigkeit der Angaben erkannt hat, so liegt dann Nebentäterschaft (s. Rz. 15) vor, wenn der Ehegatte ein besonderes Eigeninteresse am Erfolg der Steuerhinterziehung hat[5].

 

Rz. 33b

Die Beihilfe kann grundsätzlich auch durch äußerlich neutrale Handlungen geschehen[6]. Ob eine neutrale Alltagshandlung sich als strafbare Beihilfe darstellt, ist nach den gleichen Grundsätzen zu bewerten, wie sie von der Rspr. für "berufstypisch neutrale Handlungen" (s. Rz. 34) entwickelt worden sind[7]. Entscheidend ist auch hier, ob eine "Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters" erfolgt.

 

Rz. 34

Für die Beihilfe durch berufstypische "neutrale" Handlungen geht der BGH von folgenden Grundsätzen aus[8]:

  • Weiß der Hilfeleistende, dass die Handlungen des Haupttäters ausschließlich darauf gerichtet sind, eine Steuerhinterziehung zu begehen, so handelt der Hilfeleistende mit dem Willen zur Beihilfe. Sein Verhalten enthält eine Solidarisierung mit dem Haupttäter (s. Rz. 32) und ist damit auch nicht mehr als "sozialadäquat" anzusehen[9].
  • Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der Haupttäter den ihm geleisteten Beitrag verwenden wird, hält er die Verwendung zur Steuerhinterziehung lediglich für möglich, so ist sein Beitrag regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfe zu beurteilen. Dies gilt jedoch nicht, wenn das erkannte Risiko der möglichen Steuerhinterziehung des Haupttäters derart hoch ist, dass sich das Hilfeleisten als eine "Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters" darstellt[10].
 

Rz. 34a

§ 370 AO begrenzt inhaltlich das Tätigkeitsfeld des Steuerberaters. Beratung durch einen Steuerberater, die sich als Beihilfe zum Straftatbestand der Steuerhinterziehung darstellt, ist unzulässig[11].

 

Rz. 35

Zur Hilfeleistung eines Bankmitarbeiters durch Mitwirkung an einer verschleierten Kapitalverschiebung ins Ausland vgl. LG Wuppertal v. 19.5.1999, 26 KLs 28 Js 472/98, wistra 1999, 473 mit detaillierten Ausführungen und m. w. N. zur "Sozialadäquanz" des Verhaltens; BGH v. 1.8.2000, 5 StR 624/99, wistra 2000, 340 m. w. N. auf der Grundlage der in Rz. 34 dargestellten Rspr. m. Anm. Jäger; s. hiergegen Samson/Schillhorn, wistra 2001, 1; s. auch Behr, wistra 1999, 245.

[1] FG Köln v. 6.10.1999, 11 K 5118/92, EFG 2000, 201; BFH v. 16.4.2002, IX R 40/00, BStBl II 2002, 501; OLG Karlsruhe v. 16.10.2007, 3 Ws308/07, NJW 2008, 162; Burkhard, DStZ 1998, 829; Tormöhlen, wistra 2000, 406; a. A. Rolletschke, DStZ 1999, 216; Rolletschke, DStZ 2000, 677; Rolletschke, wistra 2002, 454; Reichle, wistra 1998, 91f.
[3] FG Köln v. 6.10.1999, 11 K 5118/92, EFG 2000, 201; BFH v. 16.4.2002, IX R 40/00, BStBl II 2002, 501; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 370 AO Rz. 249a.
[4] Tormöhlen, wistra 2000, 406.
[6] BGH v. 23.1.1985, 3 StR 515/84, HFR 1985, 429.
[8] BGH v. 20.9.1999, 5 StR 729/98, wistra 1999, 459 für die Hilfeleistung durch einen Rechtsanwalt.
[9] Löwe-Krahl, wistra 1995, 201, 203; vgl. BGH v. 23.1.1985, 3 StR 515/84, HFR 1985, 429.

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