Rz. 77
Die Ausschlusswirkung tritt mit Erscheinen zur steuerlichen Prüfung (Rz. 70, 83) ein. Eine steuerliche Prüfung setzt aber ein konkretes Besteuerungsverfahren voraus, das durch die Person des Beteiligten bestimmt ist. Die Ausschlusswirkung richtet sich nur gegen die Tatbeteiligten, in deren Besteuerungsverfahren die Ermittlungen geführt werden. Das Erscheinen bei "anderen Personen" (§ 93 Abs. 1 AO), z. B. bei der Auskunftseinholung, begründet die Ausschlusswirkung nicht.
Rz. 78
Bei mehreren Tatbeteiligten gilt die Ausschlusswirkung nur für den Tatbeteiligten, bei dem der Amtsträger erschienen ist, die übrigen können noch ungehindert "Selbstanzeige" erstatten.
Rz. 78a
Strittig ist diese Frage nur, soweit es sich um eine "betriebsbezogene" Steuerhinterziehung handelt, die in dem geprüften Betrieb von mehreren Betriebsangehörigen begangen wurde. Hier wird die Ansicht vertreten, dass das Erscheinen des Amtsträgers im Betrieb die Sperre für alle tatbeteiligten Betriebsangehörigen auslöst. Diese Einschränkung der "Selbstanzeige" ist m. E. nicht zulässig, da sich der Umfang dieses Ausschlussgrunds – auch der persönliche – nur nach dem rechtlichen Inhalt des Ermittlungsauftrags richtet (Rz. 86, 94).
Bei der Ermittlung "betriebsbezogener" Steuern tritt die Ausschlusswirkung nicht hinsichtlich der vor dem Erscheinen ausgeschiedenen Betriebsangehörigen ein. Die Kenntnis des ausgeschiedenen Betriebsangehörigen vom Erscheinen des Amtsträgers im Betrieb vermag die Ausschlusswirkung nicht zu begründen.
Rz. 79
Ist der am Besteuerungsverfahren gem. § 78 AO Beteiligte, gegen den sich die Ermittlungshandlungen richten, keine natürliche Person, sondern ein Rechtssubjekt mit eigener Steuerrechtsfähigkeit (§ 78 AO Rz. 24; § 33 AO Rz. 15), so richtet sich die Wirkung des Ausschlussgrunds nach § 371 Abs. 1 Nr. 1a AO gegen den oder die für dieses Steuerrechtssubjekt nach § 79 AO handlungspflichtigen gesetzlichen Vertreter.
Bei der X-GmbH hat eine Betriebsprüfung hinsichtlich der betrieblichen Steuern begonnen. Der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer Y kann keine "Selbstanzeige" hinsichtlich der von ihm für die X-GmbH begangenen USt-Hinterziehung mehr erstatten.
Rz. 80
Die Ausschlusswirkung nach § 371 Abs. 1 Nr. 1a AO gilt aber nur hinsichtlich der Steuern dieses Rechtssubjekts, nicht hinsichtlich der Hinterziehung der persönlichen Steuern des Vertreters.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer Y hat bei der X-GmbH ordnungsgemäß als Betriebsausgaben gebuchte Vermittlungsprovisionen an sich selbst gezahlt, aber nicht in seiner ESt-Erklärung angegeben. Die begonnene Betriebsprüfung bei der X-GmbH hindert ihn nicht an der "Selbstanzeige".
Rz. 81
Entsprechendes gilt bei verschiedenen Stpfl., auch bei Konzerngesellschaften und wenn ein Organschaftsverhältnis besteht und die Prüfung sich nicht auf alle Gesellschafter erstreckt. Maßgeblich ist auch hier die Prüfungsanordnung.
Rz. 82
Maßgeblich ist für die Ausschlusswirkung nur das Erscheinen beim Beteiligten des Besteuerungsverfahrens (Rz. 77). Nicht entscheidend ist der Ort der Ermittlungstätigkeit. Dies kann der Wohnsitz, aber auch die Betriebsstätte des Beteiligten sein (Rz. 70).
Hat der Beteiligte mehrere Betriebe oder Betriebsstätten, die aber als steuerrechtliche Einheit zu sehen sind, so begründet das Erscheinen in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte die Ausschlusswirkung, wenn nicht die Prüfungsanordnung eine Beschränkung ausspricht.
Findet die Prüfung nicht in den Räumen des Beteiligten, sondern auf Veranlassung der Finanzbehörde oder auf seinen Wunsch hin in fremden Räumen statt, z. B. bei dem steuerlichen Berater, so schließt das dortige Erscheinen des Amtsträgers auch die "Selbstanzeige" aus.
Dies gilt allerdings nicht für die Prüfung an Amtsstelle der Finanzbehörde, wenn der Beteiligte dort erscheint. Eine solche gegen den Gesetzeswortlaut einschränkende Auslegung ist nicht zulässig.