Rz. 409
Vorausgesetzt, dass es sich um einen Einzeltäter handelt, muss das Handeln des Täters je danach, ob es sich um einen unbeendeten, beendeten oder vermeintlich vollendeten Versuch handelt, verschiedene Anforderungen für die Straffreiheit erfüllen. Diese Handlungen müssen darüber hinaus auch alle freiwillig erfolgen.
Rz. 410
§ 24 StGB gewährt demjenigen Straffreiheit, der die weitere Ausführung der Tat freiwillig aufgibt. Ein unbeendeter Versuch liegt vor, wenn der Täter – nach seiner Vorstellung von der Tat – noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Da der Versuchsbeginn einer Steuerhinterziehung aber überhaupt erst gegeben ist, wenn gegenüber den Finanzbehörden unzutreffende oder entgegen der bestehenden Verpflichtung keine Angaben gemacht wurden, gibt es insoweit allenfalls einen Anwendungsbereich für § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB, wenn der Täter zwar bereits unrichtige Angaben gemacht hat, aus seiner Sicht aber noch weitere Angaben oder die Vorlage von Nachweisen (z. B. Spendenbescheinigungen) notwendig sind, um den Verkürzungserfolg herbeizuführen. In diesem Fall erlangt er Straffreiheit, wenn er freiwillig die weitere Tatausführung aufgibt indem er von weiteren Handlungen Abstand nimmt und die Steuer daraufhin zutreffend festgesetzt wird.
Rz. 411
§ 24 StGB gewährt darüber hinaus demjenigen Straffreiheit, der die Vollendung der Tat durch eigene Tätigkeit verhindert hat. Ein beendeter Versuch liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung bereits alles getan hat, was zur Verwirklichung des Tatbestands erforderlich ist. In diesem bei der Steuerhinterziehung häufigsten Fall muss der Täter nach § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB freiwillig die Vollendung verhindern. Im Falle der Verletzung von Steuererklärungspflichten durch die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung führt somit das bloße Nicht-weiter-Handeln nicht zur Straffreiheit gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB, sodass es einer aktiven Handlung wie z. B. der Verhinderung des Zugangs der abgeschickten unzutreffenden Erklärung, des Zurückziehens der unzutreffenden Erklärung (z. B. einfach durch den Hinweis, dass sie falsch sei) oder der Berichtigung/Ergänzung der unzutreffenden Erklärung bedarf.
Handelt es sich hingegen um eine Tatbegehung durch pflichtwidriges Unterlassen, so kann die Tatvollendung nur durch die Erfüllung der dem Täter obliegenden steuerlichen Pflichten und somit durch die Nachholung der zutreffenden Erklärung erfolgen.
Rz. 412
Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er gem. § 24 Abs. 1 S. 2 StGB straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern (sog. versuchter Rücktritt). Ein versuchter Rücktritt bzw. ein Rücktritt vom vermeintlich vollendeten Versuch i. S. d. § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB kommt in Betracht, wenn der Versuch ohne Wissen des Täters untauglich oder fehlgeschlagen war oder der Erfolg ohne sein Zutun und Wissen durch Dritte verhindert wird. Dies kann im Steuerstrafrecht z. B. der Fall sein, wenn die Finanzbehörde selbstständig die Unrichtigkeit der Angaben erkennt oder die Besteuerungsgrundlagen trotz Fehlens der Steuererklärung zutreffend schätzt. In diesem Fall kann der Täter nach § 24 Abs. 1 S. 2 StGB Straffreiheit allein dadurch erlangen, dass er sich freiwillig und ernsthaft um die Verhinderung der Vollendung bemüht und die ihm insoweit bekannten Möglichkeiten ausschöpft, um die ihm (noch) möglich scheinende Tatbestandsvollendung zu verhindern. Zwingende Voraussetzung ist insoweit folglich, dass der Täter vom endgültigen Nichteintritt des Erfolges keine Kenntnis hat.