Rz. 70
Als taugliche Täter kommen diejenigen infrage, für die die Aufzeichnungspflicht des § 144 AO besteht. Dabei handelt es sich zunächst um gewerbliche Unternehmer, d. h. solche Unternehmer, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. v. §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 15 EStG beziehen. Darüber hinaus müssen gewerbliche Unternehmer i. S. d. § 144 AO Großhandelsgeschäfte tätigen, d. h. nach § 144 Abs. 1 AO, dass die Art des Gewerbebetriebs dadurch gekennzeichnet sein muss, dass sie Waren regelmäßig an andere gewerbliche Unternehmer zur Weiterveräußerung oder zum Verbrauch als Hilfsstoffe liefern. Die Art und der Umfang des Gewerbebetriebs sind unerheblich, sofern das Großhandelsgeschäft den Betrieb prägt. § 144 AO ist somit nicht anwendbar auf Einzelhändler, die vornehmlich an Endverbraucher liefern. Die Beschränkung auf Großhändler ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Rz. 71
Darüber hinaus kommen als Täter des § 379 Abs. 2 Nr. 1a AO auch Land- und Forstwirte infrage. Allerdings sind nach § 144 Abs. 5 AO nur solche Land- und Forstwirte hinsichtlich des Warenausgangs aufzeichnungspflichtig, die nach § 141 AO buchführungspflichtig sind. Nicht aufzeichnungspflichtig i. S. d. § 144 AO sind Land- und Forstwirte, die nach § 140 AO oder anderen Bestimmungen buchführungspflichtig sind oder lediglich freiwillig Bücher führen.
Rz. 71a
Ein Besonderheit ist zu beachten, wenn zusätzlich zu der Geldbuße bzw. den Geldbußen gegen den Betroffenen – z. B. gegen den Geschäftsführer einer Verwaltungs-GmbH – auch eine Geldbuße bzw. Geldbußen gegen die Nebenbetroffene – die GmbH & Co KG – festgesetzt werden, wenn sich die Nebenbetroffene die Zuwiderhandlungen des Betroffenen gem. § 30 Abs. 1 Nr. 1, 3 OWiG zurechnen lassen muss, da in ihrem Unternehmen keine wirksamen Kontrollen stattfanden. Das besondere persönliche Merkmal der Unternehmerschaft gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist beim Betroffenen ebenso gegeben wie bei der Nebenbetroffenen als Unternehmensträgerin. Auch für die Nebenbetroffene besteht die Verpflichtung aus § 144 AO, sodass auch sie in jedem Einzelfall originär verpflichtet ist, durch die Beaufsichtigung der Mitarbeiter die vollständige Erfassung sicherzustellen. Ist der Betroffene allerdings an der Nebenbetroffenen beteiligt, so wird er durch beide Sanktionen wirtschaftlich getroffen. Dies führt nicht dazu, dass kumulative Sanktionen im Fall eines Gesellschafters, der selbst am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist, z. B. nach Art. 103 Abs. 2 GG ausgeschlossen sind. Vielmehr muss im Einzelfall nach dem Opportunitätsprinzip besonders geprüft werden, ob es verhältnismäßig ist, sowohl gegen den Gesellschafter als auch gegen die Gesellschaft eine Geldbuße festzusetzen. Dabei ist die Wechselwirkung der individuellen Ahndung und der Verbandsgeldbuße in den Blick zu nehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen.