2.1 Zuständigkeit nach dem Tatort (Abs. 1 Nr. 1, 1. Var.)
Rz. 5
Nach § 388 Abs. 1 Nr. 1 AO ist die örtliche Zuständigkeit für Ermittlungen der Finanzbehörde i. S. v. § 386 AO gegeben, in deren Bezirk die Tat begangen worden ist. Der Begriff der Tat umfasst alle Delikte im Rahmen der prozessualen Tat nach § 264 StPO. Zuständig ist hiernach entspr. § 7 Abs. 1 StPO die Finanzbehörde, in deren Bezirk nach dem bestehenden Tatverdacht die Straftat begangen worden ist. Tatort i. d. S. ist nach § 385 Abs. 1 AO i. V. m. § 9 StGB jeder Ort, an dem der Tatbeteiligte gehandelt hat, im Fall des Unterlassens hätte handeln müssen, an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Tatbeteiligten eintreten sollte. Bei Steuerverkürzungen ist dies regelmäßig der Ort, an dem die unrichtige Steuererklärung oder -voranmeldung abgegeben wurde oder hätte abgegeben werden müssen. Bei Teilnehmern an der Haupttat ist dies neben dem Ort des Taterfolgs auch der Ort der Gehilfenhandlung. Bei Mittäterschaft begründet jede tatbeteiligte Handlung einen Tatort. Daher liegt eine Zuständigkeit der Finanzbehörde auch dann gegen alle Mittäter vor, wenn nur ein Mittäter im Inland gehandelt hat, wie dies oftmals bei Zolldelikten oder Umsatzsteuerkarussellen der Fall ist. Das Gleiche gilt bei mittelbarer Täterschaft. Maßgebend für die örtliche Zuständigkeit sind sowohl der Tatort des Tatmittlers als auch der Handlungsort des mittelbaren Täters.
Rz. 6
Die örtliche Zuständigkeit für die Strafverfolgung der Begünstigung und die Steuerhehlerei nach § 374 AO ergibt sich aufgrund des Zusammenhangs nach § 389 AO durch die für die Verfolgung der Vortat zuständige Behörde.
Rz. 7
Die örtliche Zuständigkeit bei der Steuerhinterziehung nach § 370 AO kann sich ergeben aus:
- dem Ort der Tathandlung;
- dem Ort des Erfolgseintritts. Erfolgseintritt i. d. S. ist jede tatbestandsmäßige Wirkung.
Nicht erfasst ist hingegen der Ort, an dem Vorbereitungshandlungen ausgeübt werden. Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen die Vorbereitungshandlung selbst strafbewehrt ist, auch wenn eine solche Tat hinter die begangene Tat subsidiär zurücktreten würde. Eine derartige Handlung ist in einem solchen Fall denkbar, in dem er nach den Regeln über die Mittäterschaft als Tatanteil zugerechnet wird.
Rz. 8
Wird die Steuerhinterziehung dadurch begangen, dass die gesonderte Feststellung falscher Besteuerungsgrundlagen nach §§ 179ff. AO veranlasst wird, so ist die örtliche Zuständigkeit für die strafrechtlichen Ermittlungen nach § 388 AO sowohl über die Tathandlung bei der für den Erlass des Grundlagenbescheids im Verwaltungsverfahren zuständigen Finanzbehörde als auch über den Taterfolg bei der für den Erlass des Folgebescheids verwaltungsmäßig zuständigen Finanzbehörde gegeben.
2.2 Zuständigkeit nach der Tatentdeckung (Abs. 1 Nr. 1, 2. Var.)
Rz. 9
Nach § 388 Abs. 1 Nr. 1 AO ist für die strafrechtlichen Ermittlungen auch die Finanzbehörde i. S. v. § 386 AO örtlich zuständig, in deren Bezirk die Tat entdeckt worden ist. Das Merkmal der Tatentdeckung, das mit vergleichbarem Inhalt auch in § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO enthalten ist, muss im Rahmen der Würdigung nach § 388 Abs. 1 Nr. 1 AO unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten bestimmt werden. Anders als bei § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO kommt es demzufolge darauf an, dass die Straftat nicht von irgendeiner unbeteiligten Person, sondern von einer zur Einleitung des Strafverfahrens befugten Person erkannt worden ist.
Rz. 10
Die Tatentdeckung i. d. S. liegt vor, wenn dem Entdecker tatsächlich Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Steuerstraftat zur Kenntnis gelangen, aufgrund derer er zur Durchführung des Strafverfahrens verpflichtet ist. Es genügt also für die Entdeckung die einen einfachen Tatverdacht begründende Kenntnis von Sachverhaltsumständen. Hierzu ist es ausreichend, dass der Entdecker einen Teil des Geschehens erkannt hat, die Person des Tatbeteiligten braucht nicht identifiziert zu sein, da das Strafverfahren auch gegen Unbekannt geführt werden kann. Nicht erforderlich ist, dass der Entdecker sich die Kenntnis selbstständig erworben hat. Eine Entdeckung aufgrund eines Hinweises durch Dritte oder durch Vorlage von Aktenvorgängen reicht aus.