2.2.1 Allgemeine Zuständigkeit im Ermittlungsverfahren
Rz. 11
Während § 391 Abs. 1 S. 1 AO eine Regelung zur Zuständigkeitskonzentration im Erkenntnisverfahren trifft, nimmt S. 2 dieser Vorschrift das Ermittlungsverfahren davon weitgehend aus. Daher ist im vorbereitenden Verfahren, d. h. im staatsanwaltschaftlichen bzw. finanzbehördlichen Ermittlungsverfahren, bis zum Abschluss der Ermittlungen, die örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte gemäß § 391 Abs. 1 S. 2 AO nach dem allgemeinen Gerichtsstand gegeben. Hier entscheidet stets der Strafrichter allein, ggf. in Vertretung des Schöffengerichts.
In diesen Bereich fallen sämtliche richterlich anzuordnenden Ermittlungshandlungen, z. B. die Anordnung der Beschlagnahme, die Anordnung der Durchsuchung, die Anordnungen zur Sicherstellung, der Erlass des Haftbefehls oder die Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen.
2.2.1.1 Sachliche Zuständigkeit
Rz. 12
Nach § 141 GVG ist für jedes Gericht eine Staatsanwaltschaft zu errichten. Das Amt der Staatsanwaltschaft wird gem. § 142 Abs. 1 GVG für jede gerichtliche Instanz gesondert wahrgenommen, wobei die staatsanwaltschaftlichen Aufgaben beim Amtsgericht fast ausschließlich der Staatsanwaltschaft des übergeordneten Landgerichts obliegen. Innerhalb der jeweiligen Staatsanwaltschaft ist die Verfolgung von Steuerstraftaten i. d. R. bestimmten Abteilungen oder Dezernaten zugewiesen. Die sachliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft ist als Voraussetzung der staatsanwaltschaftlichen Antragsbefugnis bei der gerichtlichen Entscheidung zu prüfen.
2.2.1.2 Örtliche Zuständigkeit
Rz. 13
Nach § 143 GVG wird die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft durch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen bestimmte Strafsachen aus mehreren Gerichtsbezirken bei einem Gericht konzentriert sind. Unabhängig hiervon können nach § 143 Abs. 4 GVG Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden, die für die Verfolgung bestimmter Arten von Strafsachen in mehreren Gerichtsbezirken zuständig sind.
2.2.2 Sonderzuständigkeit nach § 58 Abs. 1 GVG
Rz. 14
Die allgemeine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts im vorbereitenden Verfahren (Ermittlungsverfahren) gem. § 391 Abs. 1 S. 2 AO steht unter dem Vorbehalt, dass nicht durch § 58 Abs. 1 GVG weitergehende Zuständigkeitsregelungen getroffen worden sind. Nach § 58 Abs. 1 GVG ist durch Rechtsverordnung der Landesregierung bzw. bei Weitergabe der Ermächtigung durch die Landesjustizverwaltung eine weitere fachliche Zentralisierung möglich. Es können hiernach Entscheidungen bestimmter Art in Strafsachen einem bestimmten Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zugewiesen werden. Für das Hauptverfahren selbst bedarf es einer Verordnung, die auf § 391 Abs. 2 S. 1 AO basiert. Die richterlichen Entscheidungen im vorbereitenden Verfahren können demgemäß – wie vielfach praktiziert – z. B. in einer "Haftrichterabteilung" zusammengefasst werden. § 58 Abs. 1 GVG ermöglicht damit auch die Verlagerung dieser Entscheidungen auf den Richter des Hauptverfahrens. Von der Möglichkeit einer solchen Zuständigkeitsregelung haben Gebrauch gemacht Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.