Rz. 47

§ 398a AO hindert die Verfolgung der Steuerhinterziehung, wenn der "an der Tat Beteiligte" die auferlegten Geldleistungen erbracht hat (Rz. 11). Folglich kann jeder Täter oder Teilnehmer, bei dem aufgrund der Regelungen des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 4 AO die Selbstanzeige gesperrt ist, von der Regelung des § 398a AO Gebrauch machen und ein Strafverfolgungshindernis herbeiführen.

 

Rz. 48

Im Gegensatz dazu war in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung des § 398a AO lediglich normiert, dass der "Täter" die zu seinen Gunsten hinterzogene Steuer auszugleichen und die auferlegte Geldleistung zu erbringen habe. Diese Formulierung führte dazu, dass umstritten war, ob § 398a AO für den Teilnehmer überhaupt anwendbar war. Trotz des Wortlauts des § 398a a. F. ging allerdings die h. M. davon aus, dass die strafrechtliche Form der Tatbeteiligung strafprozessual ohne Bedeutung sei, es sich bei dem Wortlaut des § 398a AO a. F. vielmehr um ein Versehen des Gesetzgebers gehandelt habe und die Norm somit ebenso auf Täter wie auch auf Gehilfen und Anstifter anwendbar gewesen sei, wenn zu ihren Gunsten Steuern hinterzogen wurden.[1]

 

Rz. 49

Mit der Einführung der Formulierung "der an der Tat Beteiligte" wurde dieser Streitstand nun zugunsten der h. M. gelöst. Darüber hinaus ergibt sich aus dem ab dem 1.1.2015 geltenden Wortlaut des § 398a AO auch, dass jeder an der Tat Beteiligte einen in der Höhe identischen Geldbetrag i. S. d. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO zu entrichten hat.[2] Es ist auch keine Differenzierung danach vorgesehen, ob und in welcher Höhe der jeweilige Tatbeteiligte von der Steuerhinterziehung profitiert hat, denn die Höhe des zu zahlenden Geldbetrags richtet sich nach dem Wortlaut des § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO – und im Gegensatz zu Nr. 1 – in jedem Fall einheitlich nach der errechneten Hinterziehungssumme der maßgeblichen (unverjährten) Steuerstraftat.[3] Folglich ist es unerheblich, welcher konkrete Beitrag zur Tat oder zum Erfolg geleistet wurde.

 

Rz. 50

Die zur alten Fassung des § 398a AO vertretene Ansicht, dass auch für die Zahlungspflicht i. S. d. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO maßgebend sei, ob aus der Tat ein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil erlangt wurde[4], findet sowohl in der aktuellen Fassung des § 398a AO als auch in der Gesetzgebungsgeschichte keine Grundlage. Vielmehr ist die Differenzierung der Nr. 1 und Nr. 2 in § 398a Abs. 1 AO vom Gesetzgeber aufrechterhalten worden, sodass ausschließlich die Nachentrichtungspflicht des § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO auf die "zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern" abstellt.[5]

 

Rz. 51

Sind mehrere Personen an der Tat beteiligt, die von § 398a AO Gebrauch machen wollen, kommt es zu einer kumulativen Zuschlagszahlung, sodass der Staat durchaus ein Mehrfaches der in § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO vorgesehenen 10, 15 oder 20 % zusätzlich zu den verkürzten Steuern erhält.[6] Dieses Ergebnis wird zwar teilweise unter wertenden Gesichtspunkten kritisiert[7], rechtlich dürfte es jedoch unproblematisch sein.[8]

Dies ergibt sich neben dem Wortlaut auch aus dem Willen des Gesetzgebers, der sich bei der Schaffung der Regelung des § 398a AO an der Geldauflage i. S. d. § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO orientierte (vgl. Rz. 1, 5). Gerade der damit verbundene Charakter als persönliches Strafverfolgungshindernis spricht aber dafür, den Zuschlag von jedem Tatbeteiligten – und damit auch vom Teilnehmer – zu fordern, denn auch § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO sind mehrfache, nebeneinander festgesetzte Geldauflagen gegen mehrere Beschuldigte, die an einer Tat beteiligt sind, nicht fremd.[9]

 

Rz. 52

Etwas anderes gilt hingegen im Hinblick auf die Nachzahlung der zu eigenen Gunsten hinterzogenen Steuern i. S. d. § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO. Wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt, muss der an der Steuerstraftat Beteiligte lediglich die Steuern nachzahlen, die zu seinen eigenen Gunsten verkürzt wurden, nicht hingegen die, die zugunsten einer anderen Person verkürzt wurden. Folglich kann es dazu kommen, dass der Tatbeteiligte isoliert einen Geldbetrag i. S. d. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO zu entrichten hat, während eine Nachzahlung der verkürzten Steuern nicht erforderlich ist.[10]

[1] LG Aachen v. 27.8.2014, 86 Qs 11/14, wistra 2014, 493; Klein/Jäger, AO, 12. Aufl. 2014, § 398a AO Rz. 55, 57; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 398a AO Rz. 38; Zanzinger, DStR 2011, 1397; Rolletschke/Roth, Stbg 2011, 200; Obenhaus, Stbg 2011, 166; für die Gegenmeinung vgl. Beckemper/Schmitz/Wegner/Wulf, wistra 2011, 281, 287; Heuel/Beyer, StBW 2011, 315, 321; Hunsmann, NJW 2011, 1482, 1487.
[2] Kohler, in MüKo StGB, Bd. 7, 3. Aufl. 2019, § 398a AO Rz. 29; Habammer/Pflaum DStR 2014, 2270; ebenso zur alten Rechtslage bereits Klein/Jäger, AO, 12. Aufl. 2014, § 398a AO Rz. 60; Quedenfels, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2012, § 398a AO Rz. 37; Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung Rz. 599 m. w. N.; zur Gegenmeinung zur alten Rechtslage vgl. Beckemper/Schmitz/Wegner/Wulf, wistra 2011, 281, 287; Heuel...

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