Rz. 74
Der Gesetzgeber will durch § 398a Abs. 4 AO sicherstellen, dass eine Rückabwicklung gezahlter Beträge nicht stattfindet, sondern allenfalls eine Anrechnung auf eine verhängte Geldstrafe. Die gesetzliche Regelung entspricht § 153a Abs. 1 S. 6 StPO, wonach etwaig erbrachte Teilleistungen nicht erstattet werden. Dasselbe gilt, wenn das Verfahren aus anderen Gründen scheitert und nicht nach § 398a AO eingestellt wird.
Die Verfallsregelung des § 398a Abs. 4 AO gilt nach ihrem klaren Wortlaut ausschließlich für Zuschlagszahlungen nach Abs. 1 Nr. 2. Die im Rahmen des Abs. 1 Nr. 1 nachzuzahlenden Steuer- und Zinsbeträge sind davon nicht erfasst.
Rz. 75
Das Gericht kann die gezahlten Beträge jedoch auf eine wegen Steuerhinterziehung verhängte Geldstrafe anrechnen. Diese Regelung ist § 56f Abs. 3 S. 2 StGB nachempfunden. Auch wenn es sich nach dem Wortlaut des § 398a Abs. 4 AO um eine Ermessensentscheidung handelt, dürfte aufgrund des europa- und verfassungsrechtlichen Verbots der Doppelbestrafung in aller Regel eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegen, sodass jede andere Entscheidung fehlerhaft ist. Unter (verfassungsrechtlichen) Gleichbehandlungsgesichtspunkten ist es allerdings ausgesprochen problematisch, dass die Anrechnungsmöglichkeit nach dem klaren Wortlaut des § 398a AO und der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf eine Geldstrafe beschränkt ist. Deshalb wird für die Fälle, in denen keine Anrechnung vorgesehen ist – insb. im Fall einer Freiheitsstrafe oder einer mit einer Zahlungsauflage kombinierten Strafaussetzung zur Bewährung – eine über den Wortlaut der Norm hinausgehende verfassungskonforme Auslegung angezeigt sein.
Wurde der jeweilige Betrag erst nach Fristablauf, also nicht entsprechend § 398a AO erbracht, so dürfte er zu erstatten sein.
Rz. 75a
Etwas anderes gilt hingegen im Fall eines gezahlten und nach § 398a Abs. 4 S. 2 AO anzurechnenden Strafzuschlags, wenn dieser die verhängte Geldstrafe übersteigt. In diesem Fall verfällt der überschießende Betrag nach § 398a Abs. 4 S. 1 AO und seine Erstattung ist ausgeschlossen.
Rz. 75b
Bisher nicht abschließend geklärt ist jedoch die Frage, was gilt, wenn sich im Verfahren herausstellt, dass – entgegen der vorherigen Annahme – gar keine Steuerhinterziehung vorliegt, sodass es sich bei der vom Stpfl. abgegebenen Erklärung auch nicht um eine Selbstanzeige i. S. d. § 371 Abs. 1 AO handelt. Man könnte sich am reinen Wortlaut des § 398a AO orientieren und sich auf den Standpunkt stellen, dass Abs. 4 Satz 1 AO jede Erstattung einer im Hinblick auf § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO geleistete Zahlung ausschließt. Dabei würde jedoch verkannt werden, dass es sich – sofern keine Steuerhinterziehung vorliegt – nicht um einen Fall i. S. d. § 398a Abs. 4 S. 1 AO handelt, in dem "die Rechtsfolge des Absatzes 1 nicht eintritt", sondern die Tatbestandsvoraussetzungen des § 398a Abs. 1 AO liegen schon gar nicht vor. In Ermangelung einer Steuerstraftat greift kein Sperrtatbestand des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 AO ein. Folglich liegt der geschilderte Fall nicht im Anwendungsbereich des § 398a Abs. 4 AO. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 398a Abs. 4 AO ausschließlich Fälle im Blick hatte, in denen eine Steuerhinterziehung gegeben ist. Folglich ist mangels Steuerhinterziehung und Anwendbarkeit des § 371 Abs. 1 AO die gesamte Vorschrift des § 398a AO – und damit auch deren Abs. 4 – nicht einschlägig. Die geleistete Zahlung erfolgte somit ohne Rechtsgrund. Auch aus den Regeln über die Bestandskraft von VA ergibt sich nichts anderes, da die unter Fristsetzung erfolgte Zahlungsanforderung des Strafzuschlags keinen VA i. S. d. § 118 AO darstellt. Es besteht somit ein Anspruch auf Rückzahlung auf Basis der §§ 812ff. BGB.