Rz. 6
Der BuStra stehen im staatsanwaltschaftlichen Verfahren die Rechte und Pflichten der Behörden des Polizeidienstes nach der StPO zu. Diese richten sich in erster Linie nach §§ 161, 163 StPO. Danach erforscht die Polizei schon von sich aus Straftaten und trifft alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen, um die Verdunkelung der Sache zu verhindern. Dies umfasst insbesondere Vernehmungen, Heranziehung von Sachverständigen und die vorläufige Festnahme. Bei Gefahr in Verzug dürfen Durchsuchungen und Beschlagnahmen angeordnet werden. Für die Finanzbehörde gilt dies mit der Maßgabe, dass es sich bei der Erforschung der Straftat regelmäßig um Sachverhalte mit Bezug zu Steuerstraftaten handeln muss, bzw. um nicht steuerliche Taten, die im Rahmen einer prozessualen Tat mit einer Steuerstraftat begangen worden sind. Wie die Polizei hat die BuStra die Pflicht, Ergebnisse von Ermittlungshandlungen unverzüglich an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten. Dies ist geboten, damit die Staatsanwaltschaft ihrer Funktion als Herrin des Verfahrens nachkommen kann.
Rz. 7
§ 402 AO umfasst – ebenso wenig wie § 404 AO für die Steuerfahndung – nicht das Recht, einen Antrag an den Ermittlungsrichter auf Vornahme von Untersuchungshandlungen zu stellen. Diese Möglichkeit steht allein der Staatsanwaltschaft zu. Ist ein Staatsanwalt nicht zu erreichen, so kann die BuStra, ebenso wie die Steuerfahndung, die Unterlagen direkt an das Gericht senden. Der Richter kann bei Gefahr im Verzug die erforderlichen Untersuchungshandlungen ohne Antrag der Staatsanwaltschaft vornehmen. Dies wird auf absolute Ausnahmefälle begrenzt bleiben. Hat der Richter zu Unrecht eine Verfahrenshandlung vorgenommen, so ist dieser Fehler heilbar.
Rz. 8
Nach § 110 StPO steht bei Durchsuchungen nur der Staatsanwaltschaft das Recht zu, Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen auch gegen seinen Willen durchzusehen. Gemäß § 404 AO sind dazu auch die Steuer- und Zollfahndung berechtigt. Die Bediensteten der BuStra haben im Verfahren der Staatsanwaltschaft weder selbst die staatsanwaltschaftlichen Befugnisse, noch stehen ihnen die Rechte aus § 404 AO zu. Daher ist es ihnen im Rahmen von Durchsuchungen verwehrt, eigenständig Papiere nach § 110 StPO durchzusehen. Das Durchsichtsrecht für Papiere kann aber durch die Staatsanwaltschaft im Einzelfall angeordnet werden.
Rz. 9
Im Verfahren der Staatsanwaltschaft hat die BuStra nicht mehr das Recht, Herausgabeverlangen nach § 95 StPO zu stellen. Diese Möglichkeit steht dann nur der Staatsanwaltschaft zu.
Rz. 10
Den zuvor genannten Rechten korrelieren die Pflichten, die die Behörden des Polizeidienstes treffen. Dazu gehört vor allem die Pflicht, den Sachverhalt bei Verdacht auf Vorliegen einer (Steuer-)Straftat zu ermitteln. Sobald ein Steuerstrafverfahren im sachlichen Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft liegt, verhindert § 402 Abs. 1 AO, dass die BuStra von ihrer Pflicht als "Steuerstaatsanwaltschaft" zur Ermittlung von Steuerstraftaten entlassen wird. Vielmehr wird die BuStra durch diese Norm weiterhin an das Legalitätsprinzip gebunden. Ferner hat sie der Staatsanwaltschaft über die erlangten Erkenntnisse umgehend Bericht zu erstatten und Ermittlungsaufträgen der Staatsanwaltschaft – im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Kompetenz – Folge zu leisten. Diese Aufträge können entweder dezidiert aufgelistet werden, oder die Staatsanwaltschaft ersucht die BuStra ohne nähere Vorgabe, den Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Die Staatsanwaltschaft hat dabei ein Weisungsrecht gegenüber der Finanzbehörde, die ihrerseits in eigener Zuständigkeit die Aufgabe an einzelne Bedienstete erteilen kann. Die Finanzbehörde setzt die Weisungen der Staatsanwaltschaft im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen um. Eine anders lautende Anweisung der OFD oder des Finanzministeriums ist demgegenüber unwirksam. Ein Weisungsrecht gegenüber einzelnen Bediensteten der Finanzbehörde oder ein Anspruch auf Ermittlung durch einen bestimmten Beamten stehen der Staatsanwaltschaft ebenso wenig zu wie die Befugnisse des Dienstvorgesetzten. Die Personalhoheit verbleibt bei der Finanzbehörde, was auch die Menge des jeweils einzusetzenden Personals im Einzelfall betrifft.
Die Informationspflicht gegenüber der Staatsanwaltschaft über Sachverhalte, die aus Steuerstraftaten oder Allgemeindelikten als einer prozessualen Tat bestehen, besteht auch für Allgemeindelikte, die als Zufallsfunde der Finanzbehörde während der Ermittlungen zur Kenntnis gelangen. Soweit erforderlich, muss die Finanzbehörde zur Beweissicherung für diese Zufallsfunde Eilmaßnahmen, wie Beschlagnahmen, ergreifen. Die Weitergabe der so erlangten Erkenntnisse steht grundsätzlich in keinem Widerspruch zum Steuergeheimnis. § 30 Abs. 4 Nr. 4 lit. a AO lässt die Offenbarung in den Fällen zu, in denen die Erkenntnisse über außersteuerliche Delikte im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens erlangt werden.