3.2.4.1 Zweck der Durchsuchung, Voraussetzungen
Rz. 20
Der Nachweis von Steuerstraftaten wird in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle durch Urkunden (Buchführungsunterlagen, Rechnungen, Quittungen etc.) geführt. Zum Zweck des Auffindens solcher – aber auch anderer – beschlagnahmefähiger Beweismittel oder dem Ergreifen des Verdächtigen dürfen bei ihm und mit Einschränkungen bei unverdächtigen Dritten Durchsuchungen durchgeführt werden.
Voraussetzung ist zunächst der (einfache) Verdacht einer Straftat; er braucht nicht dringend zu sein. Es genügt, dass aufgrund kriminalistischer Erfahrung die Vermutung besteht, dass der Zweck der Durchsuchung erreicht werden kann.
Ob zu Recht von einem Anfangsverdacht ausgegangen wurde, unterliegt der vollen richterlichen Kontrolle. Ist dieser nicht hinreichend nachvollziehbar, so kann eine darauf fußende Durchsuchungsanordnung rechtswidrig sein. In diesem Fall ist eine Abwägung vorzunehmen, die nur dann zu einem Verwertungsverbot der im Rahmen der Durchsuchung sichergestellten Beweismittel führt, wenn der prozessuale Verfahrensverstoß so schwerwiegend ist, dass das Interesse an der Tataufklärung vor dem Hintergrund des Gewichts der aufzuklärenden Straftat gegenüber dem Interesse des betroffenen Bürgers am Schutz seiner Privatsphäre zurücktreten muss.
Vom Staat angekaufte Daten rechtswidriger Herkunft ("Daten-CD") unterliegen grundsätzlich keinem Beweisverwertungsverbot und dienen als Grundlage für einen tauglichen Anfangsverdacht.
Weiterhin muss eine bestimmte Auffindungsvermutung bestehen und die Durchsuchung in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Straftat und zur Stärke des Tatverdachts stehen. Das BVerfG postulierte, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete in einem Steuerstrafverfahren zunächst alle weniger belastenden Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor der empfindliche Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung zulässig sei.
3.2.4.2 Antrag auf Anordnung der Durchsuchung
Rz. 21
Nach ganz h. M. ist die Steuerfahndung nicht befugt, Anträge auf Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen zu stellen. Führt die Finanzbehörde die Ermittlungen in einem Steuerstrafverfahren nach §§ 386 Abs. 2, 399 AO in eigener Zuständigkeit, so stellt die Bußgeld- und Strafsachenstelle den Antrag auf Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen. Die Steuerfahndung kann sich zwar in besonderen Eilfällen an den zuständigen Ermittlungsrichter wenden, der dann nach § 165 StPO als Notstaatsanwalt tätig wird. Dieser Fall dürfte freilich eine seltene Ausnahme bleiben, da Durchsuchungshandlungen der Fahndung in der Regel geplant durchgeführt werden. Lehnt es der Staatsanwalt bzw. die BuStra ab, einen Durchsuchungsantrag zu stellen, handelt es sich nicht um einen Fall von § 165 StPO, die Durchsuchung hat dann zu unterbleiben.
Bei Gefahr im Verzug ist die Steuerfahndung aber auch als Ermittlungsbeamter der Staatsanwaltschaft nach § 105 Abs. 1 S. 1 StPO befugt, selbstständig eine Durchsuchung anzuordnen (s. Rz. 22). Gefahr im Verzug liegt jedenfalls nicht vor, wenn beim Ermittlungsrichter ein Antrag auf Erteilung eines Durchsuchungsbeschlusses gestellt wird, dieser sich aber ohne Vorlage der Akte außerstande sieht, eine Entscheidung zu treffen. Der Antrag ist bei dem Amtsgericht (Ermittlungsrichter) zu stellen, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder, im selbstständigen Verfahren der Finanzbehörde, die Bußgeld- und Strafsachenstelle ihren Sitz hat.
Der Antrag ist zu begründen, um dem Ermittlungsrichter die Überprüfung der Voraussetzungen zu ermöglichen. Der Tatvorwurf muss möglichst genau in tatsächlicher Hinsicht wiedergegeben werden; die Steuerstraftat ist zumindest durch die Angabe von Steuerart und Tatzeitraum zu konkretisieren. Außerdem muss er Angaben dazu enthalten, welche Beweismittel gesucht werden sollen; falls das denk bare Beweismaterial nicht genau bezeichnet werden kann, muss es im Antrag annäherungsweise – mit beispielhaften Angaben – beschrieben werden. Bei dem Antrag auf Durchsuchung gem. § 103 StPO müssen zudem die Tatsachen, aus denen zu schließen ist, dass sich die gesuchte Person oder die gesuchten Sachen bei dem Dritten befinden, genannt werden. In der Verwaltungspraxis bereiten die sachbearbeitenden Fahndungsprüfer die Beschlussanträge bereits unterschriftsreif vor und leiten sie an die örtliche Bußgeld- und Strafsachenstelle weiter, die dann den Antrag bei dem Ermittlungsrichter stellt.