Rz. 56
Wegen der Doppelfunktion der Fahndung, einerseits steuerlich und andererseits strafrechtlich ermitteln zu können, hängt von dem jeweiligen tatsächlichen Tätigwerden der Fahndung auch der jeweilige Rechtsschutz ab. Handelt die Fahndung allein auf dem Gebiet des Steuerrechts, richtet sich der Rechtsschutz nach den Vorschriften der AO. Führt sie Ermittlungen in einem Steuerstrafverfahren, so richtet sich der Rechtsschutz nach den dafür zulässigen Rechtsbehelfen, insbesondere der richterlichen Entscheidung im Ermittlungsverfahren. Damit der Betroffene erkennt, welcher Rechtsschutz bei einer ergriffenen Maßnahme der Richtige ist, muss die Fahndung zweifelsfrei erkennen lassen, in welcher Funktion sie tätig wird. Ob eine eindeutige Erkennbarkeit gegeben ist, richtet sich nach dem Empfängerhorizont. Bleibt auch danach unklar, welches der richtige Rechtsschutz ist, so handelt es sich im Zweifel um den für den Betroffenen günstigsten. In besonderen Fällen kann die Unklarheit der Vorgehensweise zu einem Verwertungsverbot führen.
Nach Abschluss des Steuerstrafverfahrens ist in jedem Fall der Finanzrechtsweg gegeben.
5.1 Maßnahmen auf dem Gebiet des Steuerrechts
Rz. 57
Führt die Steuerfahndung aufgrund von § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO (Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle) sog. Vorfeldermittlungen durch, handelt es sich unstreitig um Abgabenangelegenheiten i. S. v. § 347 AO bzw. § 33 FGO. Hiergegen ist der Finanzrechtsweg eröffnet.
5.2 Maßnahmen auf dem Gebiet des Strafrechts
Rz. 58
Wird die Steuerfahndung im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren tätig, so ist gegen ihre Maßnahmen der außergerichtliche Rechtsbehelf des Einspruchs unzulässig; auch der Weg zum FG ist dem Betroffenen versperrt. Dies gilt auch dann, wenn die Fahndung die Besteuerungsgrundlagen "in den vorgenannten Fällen" ermittelt. Hier steht eindeutig die strafrechtliche Funktion im Vordergrund, die auch den Charakter der Tätigkeiten insgesamt prägt. Eine Teilbarkeit der Aufgabenzuweisung ist nicht möglich.
5.2.1 Rechtsschutz nach der StPO
5.2.1.1 Unanfechtbarkeit von Prozesshandlungen
Rz. 59
Im Strafverfahren wegen Steuerstraftaten getroffene Maßnahmen der Fahndung unterliegen den Rechtsmittelvorschriften der StPO. Während die StPO allerdings für gerichtliche Entscheidungen nahezu umfassende Anfechtungsmöglichkeiten vorsieht, sind einzelne Entscheidungen von Staatsanwaltschaft/Bußgeld- und Strafsachenstelle und Polizei (Fahndung) nur in einzelnen Fällen gerichtlich anfechtbar oder der gerichtlichen Nachprüfung unterstellt. Die Einleitung und die Dauer des Ermittlungsverfahrens oder die Ablehnung von Ermittlungen z. B. sind Maßnahmen, die auf den Ablauf des Ermittlungsverfahrens entscheidenden Einfluss haben und die Interessen und Rechte des Beschuldigten erheblich berühren können. Nach der Rspr. werden diese Maßnahmen, die das strafrechtliche Urteil über einen Sachverhalt als prozessgestaltende Tätigkeit vorbereiten sollen, den sog. Prozesshandlungen zugeordnet und damit generell für unanfechtbar, auch nicht als anfechtbare Justizverwaltungsakte i. S. d. §§ 23ff. EGGVG, gehalten.. Die Vereinbarkeit dieser Auffassung mit Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht unproblematisch.
Ein umfangreicher Primärrechtsschutz fehlt somit gegen die Einleitung und die konkrete Ausgestaltung des Strafverfahrens durch die Ermittlungsbehörden.
Gegen überlange Ermittlungsverfahren kann der Beschuldigte nach §§ 198, 199 GVG eine Rüge bei der Staatsanwaltschaft bzw. gegen die Finanzbehörde, sofern sie das Verfahren gem. § 386 Abs. 2 AO in eigener Zuständigkeit führt. Sofern diese nicht fruchtet, ist einem überlangen Ermittlungsverfahren bei der Strafzumessung, ggf. durch Anwendung der vom BGH entwickelten Vollstreckungslösung, Rechnung zu tragen.
5.2.1.2 Beschwerdemöglichkeit nach §§ 304ff. StPO
Rz. 60
Die strafprozessuale Beschwerde ist u. a. gegeben gegen Beschlüsse und Verfügungen des Richters im Vorverfahren. Damit sind Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse des Ermittlungsrichters mit der Beschwerde anfechtbar. Die Einlegung erfolgt bei dem Gericht, das den Beschluss erlassen hat. Eine Einlegungsfrist besteht ebenso wenig wie Anwaltszwang. Die Beschwerde hat grundsätzlich keinen Suspensiveffekt, d. h., sie hemmt den Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht, es sei denn, der Richter setzt die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aus. Über die Beschwerde entscheidet das Gericht, dessen Entscheidung angefochten ist, wenn es sie für begründet hält. Es hilft ihr dann ab....