5.1 Einstehenmüssen
Rz. 45
Die Regelung in Abs. 2 S. 1, wonach Erben für die aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten einzustehen haben, bestimmt (nur) den Umfang der sich aus S. 1 ergebenden Eigenhaftung des Erben. Die Vorschrift wird allgemein dahin verstanden, dass sich die Antwort auf die Frage, welche Schulden aus dem Nachlass zu entrichten sind, nicht aus den steuerrechtlichen Vorschriften, sondern im Wege einer Rechtsgrundverweisung aus den §§ 1967ff. BGB ergibt, die die "Haftung" des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten regeln. Dort gilt der Grundsatz, dass der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt, aber beschränkbar haftet. Die Vorschrift enthält eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass das Abgabenrecht keine Beschränkung der Eigenhaftung des Steuerschuldners kennt. Sie gilt nur für den Erben und ist auf andere Fälle zivilrechtlicher Haftungsbeschränkung nicht analog anwendbar.
5.2 Erbe
Rz. 46
Erbe ist derjenige bzw. sind diejenigen, auf den bzw. die mit dem Tod des Erblassers dessen Vermögen als Ganzes übergegangen ist.
Nach dem Erbrecht des BGB kann Erbe jede natürliche oder juristische Person sein, darüber hinaus aber auch jedes andere Gebilde, das zivilrechtlich Träger von Rechten sein kann, z. B Personengesellschaften des Handelsrechts oder nichtrechtsfähige Vereine. Erben sind auch der Ersatzerbe nach Wegfall des Erstberufenen, der Vorerbe und der Nacherbe. Der Nacherbe ist Rechtsnachfolger des Erblassers, nicht des Vorerben.
Die Stellung als Erbe kann auf Gesetz oder auf Verfügung von Todes wegen durch Testament bzw. auf Erbvertrag beruhen.
Rz. 47 einstweilen frei
Rz. 48
Keine Erben sind der Vermächtnisnehmer, der durch eine Auflage Begünstigte, der Pflichtteilsberechtigte und der Erbschaftskäufer. Der Erbschaftskäufer kann aber nach § 2382f. BGB i. V. m. § 191 Abs. 1 AO für die Steuerschulden des Erblassers haften.
Rz. 49 einstweilen frei
5.3 Aus dem Nachlass zu entrichtende Schulden
Rz. 50
Die in § 45 Abs. 2 S. 1 AO enthaltene Verweisung auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts gilt für die "aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden". Darunter sind die Nachlassverbindlichkeiten i. S. des § 1967 Abs. 1 BGB zu verstehen, zu denen nach § 1967 Abs. 2 BGB neben den vom Erblasser herrührenden Schulden (sog. Erblasserschulden) auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten (sog. Erbfallschulden) gehören.
Erblasserschulden sind in erster Linie die im Weg der Rechtsnachfolge auf den Erben übergegangenen Steuer- und Haftungsschulden des Erblassers. Daneben gehören zu den Erblasserschulden die erst in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die als solche schon dem Erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor Eintritt der zu ihrer Entstehung nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre. Dies trifft z. B. auf die vom Erblasser herrührende ESt des Todesjahres zu.
Rz. 51
Zu den – aus Anlass des Erbfalls entstandenen – Erbfallschulden gehört neben den in § 1967 Abs. 2 BGB ausdrücklich genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen insbesondere die vom Erben aufgrund des Erbanfalls nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 1922 BGB geschuldete Erbschaftsteuer. Dass die Erbschaftsteuer gegen den Erben persönlich und nicht gegen den Nachlass als solchen festgesetzt wird, ist unerheblich. Dadurch unterscheidet sich die Erbschaftsteuer nicht von anderen Erbfallschulden wie z. B. Beerdigungskosten, die ebenfalls in der Person des Erben entstehen und gegen diesen auch zivilrechtlich durchgesetzt werden können. Um eine Erbfallschuld handelt es sich auch bei der ESt auf dem Erben zufließende nachträgliche Einkünfte i. S. d. § 24 Nr. 2 EStG.
Rz. 52
Demgegenüber sind Steuern, die aus der Verwaltung oder Verwertung des Nachlasses durch den Erben entstehen, grundsätzlich keine Nachlassverbindlichkeiten, sondern Eigenverbindlichkeiten des Erben, für die die Beschränkung der Erbenhaftung nicht geltend gemacht werden kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht der BFH für den Fall, dass der Erblasser durch eine Rechtshandlung einen Geschehensablauf ins Werk gesetzt hat, kraft dessen es nach dem Erbfall ohn...