Rz. 50
Die in § 45 Abs. 2 S. 1 AO enthaltene Verweisung auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts gilt für die "aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden". Darunter sind die Nachlassverbindlichkeiten i. S. des § 1967 Abs. 1 BGB zu verstehen, zu denen nach § 1967 Abs. 2 BGB neben den vom Erblasser herrührenden Schulden (sog. Erblasserschulden) auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten (sog. Erbfallschulden) gehören.
Erblasserschulden sind in erster Linie die im Weg der Rechtsnachfolge auf den Erben übergegangenen Steuer- und Haftungsschulden des Erblassers. Daneben gehören zu den Erblasserschulden die erst in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die als solche schon dem Erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor Eintritt der zu ihrer Entstehung nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre. Dies trifft z. B. auf die vom Erblasser herrührende ESt des Todesjahres zu.
Rz. 51
Zu den – aus Anlass des Erbfalls entstandenen – Erbfallschulden gehört neben den in § 1967 Abs. 2 BGB ausdrücklich genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen insbesondere die vom Erben aufgrund des Erbanfalls nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 1922 BGB geschuldete Erbschaftsteuer. Dass die Erbschaftsteuer gegen den Erben persönlich und nicht gegen den Nachlass als solchen festgesetzt wird, ist unerheblich. Dadurch unterscheidet sich die Erbschaftsteuer nicht von anderen Erbfallschulden wie z. B. Beerdigungskosten, die ebenfalls in der Person des Erben entstehen und gegen diesen auch zivilrechtlich durchgesetzt werden können. Um eine Erbfallschuld handelt es sich auch bei der ESt auf dem Erben zufließende nachträgliche Einkünfte i. S. d. § 24 Nr. 2 EStG.
Rz. 52
Demgegenüber sind Steuern, die aus der Verwaltung oder Verwertung des Nachlasses durch den Erben entstehen, grundsätzlich keine Nachlassverbindlichkeiten, sondern Eigenverbindlichkeiten des Erben, für die die Beschränkung der Erbenhaftung nicht geltend gemacht werden kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht der BFH für den Fall, dass der Erblasser durch eine Rechtshandlung einen Geschehensablauf ins Werk gesetzt hat, kraft dessen es nach dem Erbfall ohne Zutun des Erben und ohne dass dieser den Erfolg hätte verhindern können, zu einem Güteraustausch kommt, der einen Steuertatbestand erfüllt. Bei der darauf entfallenden Steuer soll es sich um eine Erbfallschuld in weiterem Sinne – Nachlassverwaltungs(kosten)schuld – handeln. Eine Nachlassverbindlichkeit in Form der Erbfallschuld liegt auch vor, wenn eine Steuerschuld der Erben durch die Tätigkeit des Nachlassverwalters verursacht wird. Dass der Nachlass als solcher weder ESt- noch KSt-subjekt ist, sondern allein der Erbe den steuerrechtlichen Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklichen kann, führt nicht zur Ablehnung einer Nachlassverbindlichkeit. Die Schuldnerstellung des Erben lässt für sich allein nicht den Schluss zu, dass er mit seinem gesamten Vermögen für die Schuld einstehen muss.
Rz. 53–54 einstweilen frei