5.4.1 Umfang des Einstehenmüssens
Rz. 55
Der Umfang des Einstehenmüssens ("Haftung") richtet sich "nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts". Dies sind die §§ 1967ff. BGB bzw. die maßgebenden Vorschriften der nach den Regelungen des internationalen Privatrechts auf den Erbfall anwendbaren ausländischen Rechtsordnung.
Gem. § 1967 Abs. 1 BGB haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten. Damit steht den Gläubigern bis zur Beschränkung der Haftung der Zugriff auf das Gesamtvermögen des Erben offen, zu dem Nachlass und Eigenvermögen des Erben beim Erbschaftserwerb verschmelzen. Sind mehrere Miterben vorhanden, so haften sie bürgerlich-rechtlich für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner. Bis zur Teilung des Nachlasses kann jedoch jeder Miterbe die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten aus dem Vermögen, das er außerhalb seinem Anteil an dem Nachlass hat, verweigern; das Recht der Nachlassgläubiger, von sämtlichen Miterben die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass zu verlangen, bleibt unberührt. Nach der Teilung des Nachlasses fällt das Verweigerungsrecht des § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB weg; allerdings beschränkt sich die Haftung des Miterben in den Fällen der §§ 2060f. BGB auf den seinem Erbteil entsprechenden Teil der Nachlassverbindlichkeiten.
Rz. 56
Die Haftung des oder der Erben für die Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlass, wenn eine Nachlasspflegschaft zur Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist. Mit der Anordnung der Nachlassverwaltung wie auch mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens verliert der Erbe die Befugnis, den Nachlass zu verwalten und über ihn zu verfügen; das mit dem Erbfall zusammengeflossene Vermögen wird wieder getrennt in das ursprüngliche Eigenvermögen des Erben und in das Vermögen des Erblassers. Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, kann nur gegen den Nachlass- bzw. gegen den Nachlassinsolvenzverwalter geltend gemacht werden. Wenn das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet ist, kann der Erbe gegen die Ansprüche nicht befriedigter Nachlassgläubiger die Erschöpfungseinrede erheben.
Rz. 57
Ist die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich oder wird aus diesem Grunde die Nachlassverwaltung aufgehoben oder eingestellt, kann der Erbe die sog. Dürftigkeitseinrede erheben, d. h. die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht. Die Erhebung der Dürftigkeitseinrede bewirkt keine Trennung der Vermögensmassen, sondern nur, dass eine Vollstreckung der Nachlassgläubiger in das Eigenvermögen des Erben unmöglich wird. Der Erbe ist in diesem Fall verpflichtet, den Nachlass zum Zweck der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben.
Gegenüber den im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Nachlassgläubigern steht dem Erben die sog. Ausschlusseinrede zu. Er kann deren Befriedigung insoweit verweigern, als der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird.
Durch die Verschweigungseinrede wird ein Nachlassgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall dem Erben gegenüber geltend macht, einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichgestellt.
Rz. 58
Der Erbe haftet unbeschränkt, wenn er der Fristsetzung des Nachlassgerichts zur Errichtung eines Inventars (Verzeichnis des Nachlasses) nicht folgt oder das Inventar absichtlich unrichtig erstellt Die Vorschriften der §§ 1973–1975, §§ 1977–1980 und §§ 1989–1992 BGB finden in diesem Fall keine Anwendung.
Rz. 59 einstweilen frei
5.4.2 Verfahren zur Geltendmachung der Beschränkung
Rz. 60
Bei Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wird die Haftungsbeschränkung dadurch verwirklicht, dass das FA Ansprüche auf die aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden zur Insolvenztabelle anzumelden und bestrittene Forderungen durch Insolvenzfeststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO festzustellen hat. Dies gilt auch, soweit bereits bestandskräftige Steuerbescheide bzw. andere auf die Verwirklichung der Ansprüche gerichtete Verwaltungsakte ergangen sind. Der Erlass neuer Festsetzungsbescheide ist unzulässig. Dennoch ergehende Bescheide sind unwi...