Rz. 45
Über die in § 47 AO aufgeführten Fälle hinaus ergibt sich aus dem allgemeinen Abgabenrecht und den Einzelsteuergesetzen eine ganze Reihe weiterer Erlöschensgründe für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis.
3.2.1 Verrechnungsvertrag
Rz. 46
In Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Aufrechnung, nicht erfüllt sind, weil es z. B. an der Fälligkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderung oder an der Gegenseitigkeit der Forderungen fehlt, kann das Erlöschen des Anspruchs durch einen Verrechnungsvertrag herbeigeführt werden. Durch einen solchen Vertrag können die Voraussetzungen der einseitigen Aufrechnung weitgehend abbedungen werden. So kann z. B. eine aufschiebend bedingte Verrechnung oder die Einbeziehung künftiger Ansprüche vereinbart werden.
Hinsichtlich der Rechtswirkungen ist zu unterscheiden zwischen dem verfügenden Verrechnungsvertrag, durch den die Verrechnung unmittelbar erfolgt, und dem obligatorischen Verrechnungsvertrag, aufgrund dessen das FA einseitig verrechnen darf. Im ersten Fall erlöschen die Ansprüche bei Vorliegen einer Aufrechnungslage rückwirkend auf den Zeitpunkt, zu dem diese entstanden ist, anderenfalls mit Abschluss des Vertrags. Im zweiten Fall führt nicht schon der Abschluss des Vertrags, sondern erst die Ausübung der dadurch begründeten Verrechnungsbefugnis zum Erlöschen des Anspruchs. Welche der beiden Vertragsformen die Beteiligten gewählt haben, ist erforderlichenfalls durch Auslegung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Die auf den Abschluss eines Verrechnungsvertrags gerichteten Willenserklärungen können ausdrücklich oder konkludent abgegeben werden. Im bloßen Schweigen des Stpfl. auf das in einem Steuerbescheid enthaltene Verrechnungsangebot des FA kann grundsätzlich aber keine Annahme gesehen werden. Der Abschluss eines Verrechnungsvertrags unterliegt für beide Seiten der Vertragsfreiheit. Der Stpfl. hat insoweit gegen die Finanzbehörde weder einen Rechtsanspruch noch einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung.
Rz. 47 einstweilen frei
3.2.2 Befriedigung durch Vollstreckung
Rz. 48
Die Befriedigung im Wege der Vollstreckung führt ebenfalls zum Erlöschen des Anspruchs. Bei der Pfändung von Geld wird die Wegnahme, bei der Versteigerung gepfändeter Sachen die Empfangnahme des Erlöses durch den versteigernden Beamten als Zahlung fingiert, sodass sich die Rechtsfolge des Erlöschens unmittelbar aus § 47 AO ergibt (s. Rz. 27). In allen anderen Fällen, wie z. B. der Einziehung gepfändeter Geldforderungen oder der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen, ergibt sich die Erlöschenswirkung aus dem in § 362 BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken. Sie tritt zu dem Zeitpunkt ein, zu dem Finanzbehörde über den Vollstreckungserlös verfügen kann, z. B. bei der Versteigerung eines Grundstücks mit der Gutschrift des Versteigerungserlöses auf dem Konto der Finanzbehörde.
Rz. 49 einstweilen frei
3.2.3 Erbfolge bei Zwangsgeldern
Rz. 50
Für den Fall der Erbfolge nimmt § 45 Abs. 1 S. 2 AO Zwangsgelder von dem in § 45 Abs. 1 S. 1 AO angeordneten Übergang der Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Gesamtrechtsnachfolger aus. Der Anspruch auf Zwangsgeld erlischt somit in diesen Fällen der Gesamtrechtsnachfolge.
3.2.4 Weitere Erlöschensfälle
Rz. 51
Die Konfusion, also das Zusammenfallen von Gläubiger- und Schuldnerstellung in einer Person, führt ebenfalls zum Erlöschen des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis. Von praktischer Bedeutung ist dies vor allem in den Fällen des § 1936 BGB, in denen beim Nichtvorhandensein von Verwandten, Ehegatten oder Lebenspartnern des Erblassers das Bundesland, in dem dieser seinen letzten Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und im Übrigen der Bund gesetzlicher Erbe wird. Bei den Gemeinschaftsteuern muss sich der Fiskalerbe hinsichtlich des gesamten Anspruchs aus dem Steuerschuldv...