1 Grundlagen

 

Rz. 1

In den §§ 6668 AO sind eine Reihe von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben geregelt, die kraft Gesetzes Zweckbetrieb sind, ohne dass zusätzlich die allgemeinen und einengenden Voraussetzungen des § 65 AO erfüllt sein müssen.§ 66 AO legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb ist. Es ist nicht Voraussetzung, dass der in der Satzung vorgegebene Zweck der Wohlfahrtspflege nur durch den Zweckbetrieb erreicht werden kann; Wettbewerb zu gewerblichen Betrieben ist generell nicht schädlich.

Die Vorschrift bildet die Schnittstelle zwischen gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken. Die Wohlfahrtspflege ist Teil des als gemeinnützig anerkannten Zwecks des Wohlfahrtswesens.[1] Wohlfahrtswesen und mildtätige Zwecke überschneiden sich[2]; beide sind gerichtet auf die persönliche oder wirtschaftliche Unterstützung von hilfsbedürftigen Personen.

 

Rz. 2

Für Krankenhäuser enthält § 66 AO keine Erweiterungen. Nach Abs. 3 S. 2 gilt § 67 AO, so dass Krankenhäuser nur und schon dann Zweckbetriebe sind, wenn sie die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllen; es brauchen (stattdessen oder daneben) nicht die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllt zu sein.

2 Einrichtung der Wohlfahrtspflege

 

Rz. 3

Einrichtung der Wohlfahrtspflege kann jede Institution sein, die wohlfahrtspflegerische Aufgaben i. S. d. Abs. 2 ausübt. Zu den Einrichtungen der Wohlfahrtspflege zählen vor allem die in § 23 UStDV erschöpfend aufgezählten amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege[1], ihre Unterorganisationen und die ihnen angeschlossenen Einrichtungen und Anstalten. Für die Anwendung des § 66 AO ist es indes – anders als nach § 4 Nr. 18 UStG – nicht erforderlich, dass die Körperschaft einem der genannten Wohlfahrtsverbände als Mitglied angeschlossen ist.[2]

Im Umkehrschluss führt die Mitgliedschaft in einem der Verbände nicht automatisch dazu, dass eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege i. S. d. § 66 AO vorliegt. Einen Zweckbetrieb begründet eine Körperschaft nur mit den Leistungen, die als solche wohlfahrtspflegerischen Charakter haben.

 

Rz. 4

Die wohlfahrtspflegerische Tätigkeit muss planmäßig, d. h. organisiert und auf Dauer angelegt sein.[3]

Sie muss sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl des notleidenden oder gefährdeten Menschen erstrecken mit dem Ziel, Hilfe in bestehenden Notlagen zu leisten oder drohenden Notlagen vorzubeugen. Anhaltspunkte für die inhaltliche Ausgestaltung der Wohlfahrtspflege bietet die beispielhafte Aufzählung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW):

  • Angebote für Kinder und Jugendliche, Kindertagesstätten, Erziehungsberatung und Freizeitangebote, Hilfen für Familien und Alleinerziehende wie Ehe- und Schwangerschaftsberatung, Lebensberatung, Familienpflege, Müttergenesung;
  • Hilfen für alte Menschen wie Seniorentreffs, Mahlzeiten- und Besuchsdienste, Alten- und Pflegeheime;
  • Dienste für Menschen mit Behinderung wie Frühförderung, Kindergärten und Schulen, Berufsförderungs- und Berufsbildungswerke, Tagesstätten und Wohnheime;
  • Pflege von Kranken in Krankenhäusern, Tageskliniken, Tagespflegeeinrichtungen, Hilfe durch Kurheime und Beratungsstellen;
  • Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund wie Ausländersozialberatung, Aussiedlerberatung, Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge, Integrationsprojekte;
  • Allgemeine Auskunfts- und Sozialberatungsstellen und ambulante Dienste, Nachbarschaftszentren, Suppenküchen und mobile Dienste;
  • Hilfe für Menschen in sozialen Notlagen wie Obdachlosenunterkünfte, Schuldnerberatung, Bahnhofsmission, Telefonseelsorge;
  • Kontakt-, Informations- und Beratungsstellen für Selbsthilfegruppen und Gruppen bürgerschaftlichen Engagements (Freiwilligenzentren und -agenturen);
  • Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten für soziale und pflegerische Berufe.
 

Rz. 5

§ 66 AO setzt voraus, dass die Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen zum Wohl der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübt wird. Gemeint ist, dass die Tätigkeit sich nach ihrem Gesamtbild als selbstlose Förderung der Allgemeinheit darstellen muss.[4] Der BFH hatte in seinem Beschluss vom 18.9.2007[5] ausgeführt, dass eine wirtschaftliche Betätigung schon dann des Erwerbs wegen ausgeführt wird (und folglich kein Zweckbetrieb im Sinne von § 66 AO sein kann), wenn die Tätigkeit objektiv geeignet ist, Gewinne zu erzielen. Diese restriktive Sichtweise ist zu recht auf deutliche Kritik gestoßen.[6] Der BFH hat seine Auffassung in 2013 korrigiert und seinen früheren Standpunkt dahingehend eingeschränkt, dass eine schädliche Erwerbsorientierung nur dann gegeben ist, wenn Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen und die wohlfahrtspflegerische Betätigung nur als Vorwand dient zur Mehrung des eigenen Vermögens.[7] Die Finanzverwaltung hat diese Rechtsprechung großzügig in den AEAO aufgenommen und konkretisiert.[8] Danach umfasst der...

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