Rz. 16

An der Übertragung einer eigentumsähnlichen Rechtsstellung fehlt es, wenn ein Unternehmen verpachtet wird. Dies gilt auch dann, wenn im Rahmen der Verpachtung die zum Betriebsinventar gehörenden wesentlichen Grundlagen des Geschäfts übereignet werden. Ein Pachtbetrieb steht einem Eigenbetrieb nicht gleich.[1] Ebenso wenig ist eine "Übereignung" i. d. S. anzunehmen, wenn der Verpächter den Pachtbetrieb zurücknimmt, um ihn als Eigenbetrieb weiterzuführen.[2] Dagegen kann die Übertragung des Pachtbetriebs seitens des Pächters auf einen neuen Pächter unter Mitwirkung des ersten bei der Übertragung oder dem Neuabschluss des Pachtvertrags mit dem Verpächter eine Übereignung des Unternehmens im Ganzen sein .[3] Auch die Übertragung eines Pachtbetriebs durch Unterverpachtung kann unter § 75 AO fallen. Abweichend von der Rechtslage zu § 75 AO soll eine Haftung nach § 25 HGB auch dann Platz greifen, wenn ein Handelsgeschäft gepachtet und unter der bisherigen Firma weitergeführt wird.[4]

 

Rz. 17

Sicherungsübereignung oder fiduziarische Eigentumsübertragung begründen die Haftung nach § 75 AO nicht, wenn der Übertragende die Gegenstände zur Fortführung seines Betriebs behält.[5] Eine Geschäftsveräußerung i. S. d. Vorschrift kann auch dann nicht angenommen werden, wenn der Sicherungsnehmer die ihm übereigneten Gegenstände übernimmt, um sie zu verwerten.[6] Der Sicherungsnehmer, der den Betrieb nicht fortführen oder sonst Früchte aus dem lebenden Unternehmen ziehen will, hat wirtschaftlich betrachtet nur die Stellung eines Pfandgläubigers, nicht jedoch die eines Erwerbers.

 

Rz. 17a

Die Einräumung eines Nießbrauchs ist keine Übereignung des Unternehmens, und zwar auch nicht bei der Bestellung eines echten Unternehmensnießbrauchs.[7] Der Nießbraucher führt wie der Unternehmenspächter ein anderes Unternehmen, als es der Besteller des Nießbrauchs zuvor getan hat. Das gilt auch, wenn einzelne Gegenstände oder die Gegenstände übereignet werden.

 

Rz. 17b

Der Erwerb von Todes wegen (Erbfall) ist keine Übertragung eines Unternehmens oder Teilbetriebs im Ganzen i. S. d. § 75 AO. In solchen Fällen haben die Erben gem. § 45 Abs. 2 AO nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Erbenhaftung für Nachlassverbindlichkeiten einzustehen.

[2] Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 75 AO Rz. 11.
[3] Ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 75 AO Rz. 29.
[4] BGH v. 16.1.1984, II ZR 114/83, MDR 1984, 646.
[6] BFH v. 30.8.1962, V 32/60, StRK § 116 RAO R 16; BFH v. 11.7.1963, V 208/60, StRK § 116 RAO R 21.
[7] Ebenso Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 75 AO Rz. 53.

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