Rz. 8a

Nach st. Rspr. kann i. d. R. davon ausgegangen werden, dass ein Ehepartner die Wohnung, in der seine Familie wohnt, auch benutzen und daher dort einen Wohnsitz haben wird.[1] Eine abgeleitete Verfügungsmöglichkeit (z. B. im Verhältnis Kinder/Eltern oder Ehemann/Ehefrau) genügt grundsätzlich.[2] Ein gemeinsamer Wohnsitz besteht bei intaktem familiären Zusammenhalt, und zwar unabhängig davon, welche räumliche Entfernung zwischen den Eheleuten vorübergehend besteht (z. B. langjährige transkontinentale Aufenthalte)[3], da dies nach modernen westlichen Lebensgewohnheiten nicht (mehr) unüblich ist. Für die Zweitwohnung wird auf deren Nutzung mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit abgestellt. Bei einer Familienwohnung ist die Voraussetzung des Innehabens für die zusammenlebenden Familienmitglieder schon dadurch erfüllt, dass die Familienwohnung objektiv gesehen den Lebensmittelpunkt jedes einzelnen Familienmitglieds bildet, ohne dass es auf die körperliche Anwesenheit jedes einzelnen Familienmitglieds ankommt.[4] Erst dann, wenn sich ein Ehepartner für ein Getrenntleben von seiner Familie entscheidet, bringt er damit die Absicht zum Ausdruck, den gemeinsamen Wohnsitz aufzugeben.[5] Zu bedenken ist, dass Eheleute im gemeinsamen Haus getrennt "zusammenleben" können[6], sodass beide Eheleute jeweils ihren Wohnsitz am früheren Familienwohnsitz behalten können. Entsprechendes wie für Ehepartner gilt für (erwachsene) Kinder, unabhängig vom Ausbildungsstand.[7] Innehaben kann jemand eine Wohnung daher auch mit anderen Personen gemeinsam (z. B. in einer Familie oder Wohngemeinschaft) oder durch Familienangehörige, z. B. wenn er sich häufiger oder für längere Zeit auf Geschäfts- oder Dienstreisen befindet. I. d. R. wird bei solchen Abwesenheiten und ständigen Rückkehren eines Ehepartners, der von dem anderen Ehegatten nicht getrennt lebt, somit ein Innehaben auch für ihn anzunehmen sein.[8] Gleiches gilt für nichteheliche Lebensgemeinschaften sowie eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner.[9] Die gleiche Vermutung gilt, wenn der vom Inland ins Ausland versetzte Bedienstete eine Wohnung im Inland beibehält, deren Benutzung ihm jederzeit möglich ist und die dergestalt ausgestattet ist, dass sie jederzeit als Bleibe dienen kann.[10] Deshalb ist eine inländische Wohnung, die von ihrem Eigentümer immer wieder nicht nur geschäftlich oder besuchsweise, sondern "als eigene" genutzt wird, auch dann sein Wohnsitz im steuerlichen Sinne, wenn sich der Eigentümer zeitlich überwiegend im Ausland aufhält. Andererseits muss die Wohnung auch (noch) für den Stpfl. (Ehepartner) bestimmt sein. Hat etwa ein versetzter Beamter am neuen Dienstort eine Wohnung und ist seine Familie am alten Wohnort aus der Familienwohnung in eine kleinere, für die Restfamilie ausreichende Wohnung umgezogen, so kann es bei dem Beamten im Einzelfall am Innehaben der Wohnung am alten Wohnort fehlen, auch wenn er seine Familie hin und wieder besucht.[11] Die Vermutung, dass ein Ehegatte eine Wohnung und damit einen Wohnsitz am Wohnort seiner Familie hat, kann in diesem Fall im Ausnahmefall widerlegt werden, wenn (nachweislich) nur der restliche Teil der Familie den gemeinsamen Wohnsitz fortführt. Grundsätzlich wird die neu bezogene Wohnung den neuen gemeinsamen Famlienwohnsitz aller Familienmitglieder darstellen.[12] Ebenfalls hat der Ehegatte keinen Wohnsitz, der im Ausland lebt und nur besuchsweise den anderen Ehegatten im Inland aufsucht, ohne selbst mit dem anderen Ehegatten im Inland zusammengelebt zu haben.[13]

 

Rz. 8b

Die Bestimmung des Wohnsitzes ist für minderjährige Kinder häufig in Kindergeldsachen relevant, da nach § 63 Abs. 1 S. 6 EStG Kinder, die ihren Wohnsitz (oder gewöhnlichen Aufenthalt) weder in der EU noch in einem EWR-Staat haben, grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Ob ein minderjähriges Kind einen Wohnsitz im Inland bzw. innerhalb des EU/EWR-Raums hat, haben die FG als Tatsacheninstanz mit Bindungswirkung für den BFH[14] unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Die Beweislast trifft den Anspruchsteller.[15] Kinder teilen zwar regelmäßig, aber nicht zwingend[16] den Wohnsitz ihrer Eltern, solange sie sich nicht persönlich und wirtschaftlich von diesen gelöst haben (widerlegbare Vermutung). Das gilt nicht nur für minderjährige Kinder, sondern ggf. noch während der Ausbildungsphase. Ein im Ausland geborenes Kind hat seinen Wohnsitz grundsätzlich zunächst im Ausland, und zwar auch, wenn sich die Eltern nur vorübergehend im Ausland aufhalten. Mit der Heimkehr der Eltern in das Inland begründet das Kind erstmals mit der übrigen Familie dort seinen inländischen Wohnsitz. Wird ein Kind im Ausland geboren, so hat das Kind jedoch unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise ein Wohnsitz im Inland bereits ab seiner Geburt, sofern sich die Mutter nur kurzfristig, lediglich vorübergehend zum Zeitpunkt der Geburt bzw. lediglich zur Entbindung vorübergehend im Ausland aufgehalten hat und das Kind alsbald b...

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