Dr. Zacharias-Alexis Schneider
Rz. 34
Der Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten wird durch den Inhalt der Erklärung bestimmt. In dieser Hinsicht hat der Beteiligte ein Gestaltungsrecht, soweit nicht der Umfang der Vertretungsmacht gesetzlich zwingend festgelegt ist. Der Beteiligte kann die Vollmacht zeitlich und inhaltlich beschränken. Er kann dem Bevollmächtigten auch die Befugnis einräumen, Untervollmachten zu erteilen.
Zur Sicherung des Verfahrensablaufs gilt nach § 80 Abs. 1 S. 2 AO der Bevollmächtigte als ermächtigt, alle das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen vorzunehmen, sofern sich aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde keine Einschränkung ergibt. Der Begriff der Verfahrenshandlung ist hierbei weit auszulegen. Er umfasst beispielsweise die Abgabe und Empfangnahme von Willens- und Wissenserklärungen sowie sonstige Handlungen.
Rz. 35
Die Fiktion des § 80 Abs. 1 S. 2 AO bewirkt nicht, dass eine einzige Vollmacht für alle von der Finanzbehörde geführten Verfahren Gültigkeit besitzt. Die Vollmachtserteilung auf dem Mantelbogen des Einkommensteuer-Erklärungsvordrucks erstreckt sich z. B. nur auf das jeweilige Veranlagungsjahr und nur auf solche Vorgänge, die zu dieser Steuernummer gehören. Der Nachweis der Vertretungsmacht muss für die verschiedenen Arbeitsbereiche gesondert erbracht werden, wenn mehrere Verfahren unter verschiedenen Steuernummern oder Aktenzeichen geführt werden.
Rz. 36
Für die Auslegung des Inhalts der Vollmachtserklärung ist auf den "Empfängerhorizont", also auf das Verständnis der Finanzbehörde, abzustellen.
Die Fiktion des § 80 Abs. 1 S. 2 AO schränkt das inhaltliche Gestaltungsrecht nicht ein, zwingt den Beteiligten aber, Einschränkungen hinsichtlich des Umfangs der Vertretungsmacht für die Finanzbehörde erkennbar zu machen. Interne Einschränkungen des Umfangs der Vertretungsmacht, die für die Finanzbehörde nicht erkennbar sind, haben dieser gegenüber keine rechtliche Wirkung.
Für Einschränkungen der Vertretungsmacht empfiehlt sich aus Beweissicherungsgründen die Schriftform. Die gesetzliche Fiktion des § 80 Abs. 1 S. 2 AO greift immer dann ein, wenn keine schriftliche Vollmachtsurkunde mit eindeutigem Inhalt vorgelegt wird.