Rz. 14
§ 88c AO erfordert die Weiterverwendung bereits vorhandener vom Steuergeheimnis geschützter Daten. Die Regelung in § 88 Abs. 1 und 2 AO lässt die Offenbarung und Verwertung geschützter Daten i. S. d. § 30 Abs. 2 AO durch die für die Einzelfälle zuständigen Finanzbehörden ausdrücklich zu. Bei der mit diesen Daten verbundenen Analysetätigkeit handelt es sich laut Legaldefinition des § 88c Abs. 4 AO um ein Verwaltungsverfahren in Steuersachen i. S. d. AO (vgl. dazu Rz. 43). Damit gelten auch die Regelungen zum Steuergeheimnis. Die Übermittlungs- und Auswertungsbefugnisse nach § 88c Abs. 1 und 2 AO stellen dementsprechend keine Öffnungsnorm zum Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO dar. Die Offenbarung ist bereits nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO befugt.
Rz. 15
Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Weiterverarbeitung nach der DSGVO und den ergänzenden datenschutzrechtlichen Regelungen der AO für die Anwendungsfälle des § 88c Abs. 1 und 2 AO wird gleichfalls durch die gesetzliche Einordnung als Verwaltungsverfahren in Steuersachen bestimmt. Datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage für diese Verfahren ist § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO.
Rz. 16
Die Zuleitung der personenbezogenen Daten durch das BZSt an die zuständigen Finanzbehörden zum Zweck der Veranlagung und Berücksichtigung der Erkenntnisse bei steuerlichen Einzelfällen zur Kapitalertragsteuer ist durch § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO und § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO gedeckt und erlaubt. § 88c Abs. 3 AO hat hinsichtlich der Übermittlungsbefugnis einen lediglich deklaratorischen Charakter (vgl. Rz. 45).
Rz. 17
Die Regelung zur Erkenntnis und Analyse von Kapitalmarktgestaltungen greift – anders als etwa § 88b AO – vordringlich nicht originär auf nach § 88a AO für die dortigen Zwecke geschaffene Sammlungen in Dateisystemen zu. Vielmehr schafft sich die Regelung eigene Datensammlungen durch Informationen aus steuerlichen Einzelfällen und unterliegt insoweit auch nicht der Verwendungsbeschränkung durch § 88a AO, sondern schafft sich eigene Zweckbezüge.
Dies ergänzend dürfte aufgrund der Auswertungserfordernisse für das Vorliegen einer modellhaften Gestaltung (Rz. 32) auch die Hinzuziehung von sonstigen Daten aus steuerlichen Datensammlungen erforderlich sein. Soweit das BZSt für seine Aufgaben aus § 88c Abs. 2 S. 1 AO dabei Daten aus Datensystemen i. S. d § 88a AO verarbeitet, dient dies qua gesetzlicher Definition in § 88c Abs. 4 AO einem Verfahren i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO (Rz. 43) und ist damit zulässig.
Rz. 18
§ 88c Abs. 1 und 2 AO ergänzt die Regelungen zur Erkenntnisgewinnung und Analyse grenzüberschreitender Steuergestaltungen in §§ 138d ff. AO in zweierlei Hinsicht. Zum einen wird die Analyse der Steuergestaltungen für den Bereich der Kapitalmarktgestaltungen auch auf nationale Gestaltungen erstreckt. Zum anderen wird der Informationsweg – auch über internationale Gestaltungen – über Datenweitergaben durch die für die Einzelfälle zuständigen Finanzbehörden geregelt. Im Bereich internationaler Steuergestaltungen am Kapitalmarkt ergibt sich damit ein ergänzender/doppelter Weg zur Informationsgewinnung über missbräuchliche Steuergestaltungen im Bereich der Kapitalertragsteuern.
Rz. 19
Die Aufgabe wurde dem BZSt im Rahmen des AbzStEntModG in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 28b FVG gesondert zugewiesen. Nach der Gesetzesbegründung hat diese Aufgabenzuweisung klarstellenden Charakter. Die Berechtigung zur Vornahme von Vorfeldermittlungen i. S. d. § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO ergibt sich für die Aufgabenstellung des BZSt aus § 88c AO nach § 5 Abs. 1a S. 2 FVG ausdrücklich nicht.