Rz. 43
Wie die Gesetzesbegründung zur Legaldefinition der in § 88c AO geregelten Verfahren als Verwaltungsverfahren in Steuersachen – und damit insbesondere als Verfahren i. S. d. §§ 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO – darstellt, wird insoweit zugleich Rechtsklarheit hinsichtlich des Inhalts und der Befugnis zur Offenbarung und Verwertung entsprechender Daten nach § 30 Abs. 4 AO geschaffen. Der Verwendungszweck der Daten durch das BZSt nach Abs. 1 und 2 des § 88c AO zielt dabei zwar nicht auf eine zweckgerichtete Verwertung für die Behandlung "klassischer" aktueller oder zukünftiger steuerlicher Einzelfälle i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder b AO, sondern auf die Herausarbeitung unerwünschter steuerlicher Modellgestaltungen. Die gesetzgeberische Definition der Analysetätigkeit i. S. d. Abs. 1 und 2 des § 88c AO als Verwaltungsverfahren in Steuersachen i. S. d. AO durch Abs. 4 der Norm führt m. E. aber unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsordnung und der gleichgerichteten Begriffsbedeutung innerhalb eines Gesetzes zu einem Unterfallen dieser Tätigkeit und Ziele unter § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO und damit auch unter § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO (vgl. Rz. 14). Der Anwendungsbereich der Öffnungsnorm des § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO beschränkt sich dementsprechend nicht nur auf Verfahren in steuerlichen Einzelfällen, bzw. auf solche Auswertungen, die diesen konkreten oder zukünftig konkret werdenden steuerlichen Einzelfällen dient. Vielmehr ist es dem Gesetzgeber unbenommen, den verwendeten Rechtsbegriff durch Legaldefinition zu erweitern.
Rz. 44
Durch die Definition als Verfahren in Steuersachen gelten auch für die in § 88c Abs. 1 und 2 AO geregelten Verfahren – neben der DSGVO – auch alle datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Relevant sind dabei insbesondere die Regelungen zur (Weiter-)Verarbeitung personenbezogener Daten. § 29c AO gestattet in bestimmten Fällen die Verarbeitung personenbezogener Daten auch zu einem anderen Zweck, als zu demjenigen, zu dem sie erhoben wurden. Nach § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO ist eine solche Weiterverarbeitung u. a. zulässig, wenn sie einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen dient. Ordnet der Gesetzgeber eine Datenverarbeitung dem Steuerverwaltungsverfahren zu, so sind die entsprechenden Vorschriften Rechtsgrundlage i. S. d. § 29c AO.
Rz. 45
Während es für die Tätigkeit des BZSt i. S. d. Regelungen der Abs. 1 und 2 des § 88c AO der erweiternden Legaldefinition bedurfte, wirkt die Legaldefinition des Abs. 4 für die Anwendungsfälle des Abs. 3 rein deklaratorisch (vgl. Rz. 16).
Rz. 46 einstweilen frei
Rz. 47
Der Gesetzgeber orientiert sich mit seiner Legaldefinition als Verwaltungsverfahren in Steuersachen i. S. d. AO erkennbar an der Regelung des § 138j Abs. 5 AO für die dort geregelten Meldepflichten und Auswertungsmöglichkeiten grenzüberschreitender Steuergestaltungen.
Rz. 48
Die gesetzliche Legaldefinition öffnet zugleich den Anwendungsbereich des Gesetzes i. S. d. § 1 AO. Die AO ist auch auf solche Angelegenheiten anzuwenden, die – wie § 88c Abs. 1 und 2 AO – nur mittelbar und auch keinesfalls ausschließlich, dem Einzelfall dienen, aber aufgrund der Verwaltungskompetenz für die betroffenen Steuern in die Zuständigkeit der Finanzbehörden fallen.
Rz. 49
§ 88 Abs. 4 AO beschränkt den Anwendungsbereich der Regelung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO. Darüber hinausgehende Daten zu fremden Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 2 AO werden von der Norm also nicht erfasst.