Rz. 85
§ 89 Abs. 3 S. 1 AO koppelt die Gebührenpflicht an die Bearbeitung des Auskunftsantrags. Es fallen deshalb grundsätzlich auch dann Gebühren an, wenn die Finanzbehörde in ihrer verbindlichen Auskunft eine andere Rechtsauffassung als der Antragsteller vertritt, wenn sie die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ablehnt oder wenn der Antrag zurückgenommen wird. Auf den Erfolg des Antrags kommt es folglich nicht an. Die Gebühr entsteht also auch für die Bearbeitung eines Antrags, der die formellen Voraussetzungen nicht oder nur unvollständig erfüllt. Vor der Ablehnung eines Antrags aus formalen Gründen hat die Finanzbehörde den Antragsteller aber sowohl auf diese Mängel als auch auf die Möglichkeit der Ergänzung oder Rücknahme des Antrags hinzuweisen.
Rz. 86
Die Gebührenpflicht entsteht nicht bereits bei Eingang des Auskunftsantrags, sondern im Zeitpunkt des Beginns der Bearbeitung. Ein eingereichter Antrag, mit dem sich die Finanzbehörde noch überhaupt nicht befasst hat, vermag insofern keine Kostenpflicht auszulösen. Im Fall einer Antragsrücknahme vor Bearbeitungsbeginn liegen also bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Gebührenpflicht nicht vor. Im Kulanzwege bieten viele Finanzbehörden den Antragstellern im Falle eines klar ins Auge springenden Hindernisses für die Erteilung der verbindlichen Auskunft an, bei sofortiger Rücknahme des Antrags auf die Festsetzung der Gebühren zu verzichten. Dies mag aber nur Fälle betreffen, in denen der Prüfungsaufwand der Finanzbehörde als gering anzusehen ist.
Rz. 87
Die Gebühren werden für jeden Antrag festgesetzt. Nach AEAO, zu § 89 Nr. 4.1.3 handelt es sich jeweils um einen Antrag, wenn und soweit sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts auf einen Stpfl. bezieht. Dies gilt auch, wenn sich der Sachverhalt auf mehrere Steuerarten auswirkt. So hat der BFH im Fall der Auskunftserteilung an den Organträger und die Organgesellschaft entschieden, dass in Bezug auf denselben Sachverhalt von den zwei gesonderten verbindlichen Auskünften (und damit von zwei Gebühren) auszugehen ist. In den Fällen des § 1 Abs. 2 StAuskV gelten Gesellschafter und Gesellschaft im Rahmen der Gebührenberechnung als ein Stpfl.
Rz. 87a
Mit § 89 Abs. 3 S. 2 AO kommt der Gesetzgeber im Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens dem wohlverstandenen Interesse der Finanzverwaltung nach, für die Beurteilung eines Auskunftsantrags auch dann nur eine Gebühr festsetzen und erheben zu müssen, wenn die Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten wirkt. Mit seinem Urteil beseitigt der BFH die bisher bestehende unklare Rechtslage und zwingt dem Grundsatz der vollständigen Abgabenerhebung folgend die Finanzverwaltung dazu, das Gebührensubstrat vollständig abzuschöpfen. Nun hat es die Finanzverwaltung in der Hand, in Ausnutzung der Verordnungsermächtigung des § 89 Abs. 2 S. 6 AO die Fälle, in denen Auskünfte gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich erteilt werden, zu regeln und für diese Fälle nur eine Gebühr zu erheben. In der Literatur vereinzelt geäußerte Skepsis, dass die Finanzverwaltung mit Blick auf das rückläufige Gebührenaufkommen von der Erweiterung der Verordnungsermächtigung keinen Gebrauch machen wird, scheint jedenfalls in Bezug auf den klaren Regelungsauftrag durch den Gesetzgeber nicht angezeigt, zumal das Interesse an weniger streitanfälligeren und rechtsklareren Regelungen gerade aufseiten der Finanzverwaltung groß sein dürfte. Aus Sicht des Stpfl. ist die Klarstellung als vorteilhaft anzusehen, da er sich nur einer Gebühr ausgesetzt sehen muss.
Allerdings haften die Beteiligten für die Tilgung der Gebühr gesamtschuldnerisch, sodass sich das gemeinsame Interesse an der Erteilung der Auskunft im Bereich des Erhebungsverfahrens fortsetzt. Es darf erwartet werden, dass sich die Finanzverwaltung in erster Linie an den Beteiligten wenden wird, der gegenüber der Finanzbehörde als Verfasser des Antrags auf Erteilung der verbindlichen Auskunft in Erscheinung getreten ist.