Rz. 18

In drei unterschiedlichen Fallgruppen entfällt die Bindungswirkung, ohne dass es eines diesen Umstand feststellenden Verwaltungsakts bedarf. Der Antragsteller muss seine entgegengesetzte Rechtsauffassung mit Rechtsbehelf gegen die in der Hauptsache getroffenen Maßnahme bzw. im Wege eines Verpflichtungsersuchens im Falle einer nicht getroffenen Maßnahme verfolgen. Die Fallgruppen, in denen die Bindungswirkung entfällt, sind abschließend im Satz 1 aufgeführt, sodass der Umkehrschluss, dass das örtlich zuständige FA und der Antragsteller an den Inhalt der Vorabverständigung gebunden sind, soweit kein derartiger Fall vorliegt, zulässig ist.[1]

Die erste Fallgruppe nimmt Bezug auf die bereits bei dem Antrag auf Einleitung des Vorabverständigungsverfahrens zuzusichernden Bedingungen nach Abs. 3 Satz 1 (Zustimmung zum Inhalt der Vorabverständigung und Rechtsmittelverzicht). Die Bindungswirkung entfällt demgemäß, wenn diese Bedingungen nicht oder nicht mehr erfüllt werden.[2]

Daneben kommen noch weitere individuell vereinbarte Gültigkeitsbedingungen in Betracht wie z. B. gleichbleibende Beteiligungsverhältnisse; gleichbleibende Verhältnisse bzgl. Marktbedingungen u. -anteil; gleichbleibende Funktions- und Risikoverteilung und Kapitalstruktur oder gleichbleibendes Geschäftsmodell.[3] Bei Aufnahme individueller Gültigkeitsbedingung ist jedoch Zurückhaltung geboten, da ein sehr enger Gültigkeitsrahmen die Zielsetzung eines APA, für den Antragsteller Rechtssicherheit zu gewährleisten, letztlich konterkariert und auch die Verlässlichkeit aufseiten der Finanzverwaltung empfindlich beeinträchtigt.[4]

Zuletzt enthält § 89a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 AO noch zwei gesetzlich geregelte Gültigkeitsbedingungen. Zum einen muss der andere Vertragsstaat die Vorabverständigungsvereinbarung seinerseits einhalten. Hierin kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass der andere Vertragsstaat nicht einseitig, nämlich durch den öffentlich-rechtlichen Vertrag, im Verhältnis zum Antragsteller an den Inhalt der Vorabverständigung gebunden sein kann, während sich der andere Vertragsstaat, ggf. um Standortvorteile zu sichern, von der Vorabverständigung löst. Letztlich soll mit dem Grundsatz in der Nr. 2 der Gefahr der doppelten Nichtbesteuerung begegnet werden. Als weitere gesetzliche Gültigkeitsbedingung nach der Nr. 3 müssen die Rechtsvorschriften, auf denen die Vereinbarung beruht, unverändert fortbestehen. Dieser Grundsatz ist § 2 StAuskV entnommen, sodass insoweit auf die hierzu ergangene Literatur verwiesen wird.[5]

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89a AO Rz. 37.
[2] Baum, 360°AO-eKommentar, § 89a AO Rz. 27.
[3] Beispiele entnommen aus BT-Drs. 19/27632, 84.
[4] Zutreffend Liebchen, in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 25, Rz. 531.
[5] Volquardsen, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 89 AO Rz. 71.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?