Rz. 24

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens[1] wurde die Belegvorlagepflicht in eine Belegvorhaltepflicht umgewandelt. Mit wenigen Ausnahmen[2] ist damit die Anerkennung von Betriebsausgaben oder Sonderausgaben nicht länger von der Vorlage eines diese bestätigenden Belegs abhängig. Die Vorlage dient vielmehr als Nachweis in Fällen, in denen die Finanzbehörde diesen Punkt als prüfungsbedürftig ansieht. Nach § 92 S. 2 Nr. 3 AO hat die Finanzbehörde das Recht, Urkunden und Akten als Beweismittel beizuziehen. Konkretisierungen enthalten die Ausführungsvorschriften der §§ 97, 104 bis 106 AO. Mit dem Beiziehungsrecht korrespondieren die Vorlagepflichten der Beteiligten und anderer Personen nach § 97 AO bzw. anderer Behörden im Rahmen der Amtshilfe nach §§ 111, 112 Abs. 1 Nr. 4 AO. Die Beiziehung erfolgt i. d. R. formlos.

 

Rz. 25

Urkunden sind schriftlich niedergelegte – zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache geeignete, in beliebiger Sprache und Symbolik verkörperte oder auf Daten- und Bildträgern festgehaltene – Äußerungen von Personen, die einen bestimmten Gedankeninhalt vermitteln.[3] Im Besteuerungsverfahren sind dies vor allem Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Belege, Inventare, Bilanzen sowie Handels- und Geschäftsbriefe.[4] Für den Urkundenbegriff ist es unerheblich, ob die Gedankenäußerung von vornherein für Beweiszwecke bestimmt war (sog. Absichtsurkunde, z. B. Quittung) oder aber erst im Verfahrensgang als Beweismittel bedeutend wurde (sog. Zufallsurkunde, z. B. Korrespondenz). Eine Urkunde muss weder ihren Aussteller erkennen lassen noch unterschrieben sein.

Keine Urkunden sind dagegen bloße Beweiszeichen. Diese können – anders als im Strafrecht – nur Gegenstand eines Augenscheins sein.[5]

 

Rz. 26

Akten sind die von der Behörde nach bestimmten Ordnungsgesichtspunkten gesammelten, in einem Ordner oder in anderer geeigneter Form zusammengestellten und/oder geordneten Schriftstücke und sonstigen Gegenstände.[6] Die beiziehbare Akte ist also regelmäßig nur ein Urkundenkonvolut und insofern kein eigenständiges Beweismittel, sondern nur ein Unterfall des Urkundenbeweises. Kontrollmaterial aus anderen Besteuerungsverfahrens sind zwar keine Urkunden oder Akten im Sinne dieser Definition. Da die Aufzählung im Satz 2 nicht abschließend ist, können diese ohne weiteres als Beweismittel herangezogen werden.

[1] V. 18.7.2016, BGBl I 2016, 694 u. 1679.
[2] Z. B. Vorlage der Kapitalertragsteuerbescheinigung zur Anrechnung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 EStG.
[3] Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 26 VwVfG Rz. 33a.
[4] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 92 AO Rz. 60.
[5] Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 98 AO Rz. 5.
[6] Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 26 VwVfG Rz. 35.

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