Rz. 2

Der am 1.4.2003 in Kraft getretene § 24c KWG, der bis dahin insbesondere zur Kapitalmarktaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und zur Bekämpfung der Geldwäsche diente, ermöglicht die Feststellung von sog. Kontostammdaten. Kreditinstitute (aber nicht die übrigen Verpflichteten nach § 154 Abs. 2 Satz 1 AO) haben künftig nach § 154 Abs. 2 a Satz 1 AO für jeden Kontoinhaber, jeden anderen Verfügungsberechtigten und jeden wirtschaftlich Berechtigten dessen steuerliche Ordnungsmerkmale (steuerliche Identifikationsnummer, Wirtschaftsidentifikationsnummer oder ggf. Steuernummer) zu erfassen[1] und nach § 93b Abs. 1a AO im Rahmen des Kontenabrufs bereitzuhalten. Normadressaten sind in erster Linie Kreditinstitute. Dies sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 KWG Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. § 93b AO gilt gem. § 6 Abs. 5 Investmentgesetz (InvG) für Kapitalanlagegesellschaften sowie gem. § 22 Abs. 2 des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZahlungsdiensteaufsichtsgesetzZAG) für bestimmte E-Geld-Institute entsprechend. Zur Entlastung der Kreditinstitute wurde im Rahmen der Legitimationsprüfung bei Konsumentenkrediten[2] auf die Erhebung des steuerlichen Ordnungsmerkmals des sonstigen Verpflichteten[3] verzichtet. Um einen solchen handelt es sich, wenn der Kredit ausschließlich der Finanzierung privater Konsumgüter dient und der Kreditrahmen dieses Kredits einen Betrag von 12.000 EUR nicht übersteigt.[4]

 

Rz. 2a

Kreditinstitute haben nach § 24c Abs. 1 S. 1 KWG eine Datei zu führen, aus der die Nummer eines Kontos, das der Verpflichtung zur Legitimationsprüfung i. S. d. § 154 Abs. 2 S. 1 AO unterliegt, oder eines Depots sowie der Tag der Errichtung und der Tag der Auflösung hervorgeht. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) vom 23.6.2017[5] wurde diese Verpflichtung auf die Bereitstellung von Schließfächern ausgeweitet. Außerdem sind in dem Datensatz der Name des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten (bei natürlichen Personen zusätzlich der Tag der Geburt) sowie der Name und die Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten zu speichern. Bei jeder Änderung einer Angabe ist unverzüglich ein neuer Datensatz anzulegen.[6]

 

Rz. 2b

Das FA kann also lediglich feststellen, bei welchen Kreditinstituten ein Stpfl. wie viele Konten bzw. Depots unterhält, bzw. als abweichend wirtschaftlich Berechtigter fungiert. Dabei erlangte die Finanzbehörde aber, obwohl ein Kontenabruf für steuerliche Zwecke erst seit dem 1.4.2005 zulässig ist, Kenntnis über alle Konten und Depots, die seit dem 1.4.2003[7] bei den Banken geführt worden sind. Zum 1.1.2018 wurde diese Verpflichtung auf Schließfächer ausgeweitet. Da die Kreditinstitute Unterlagen zu Konten und Depots zehn Jahre aufzubewahren haben[8] und bei einem Kontenabruf auch der Tag der Errichtung mitgeteilt wird, konnte das FA unter bestimmten Umständen auch Kenntnis von Konten und Depots erhalten, die bereits vor dem 1.4.2003 bestanden haben. Kontostände oder Kontobewegungen können auf diesem Weg nicht abgerufen werden. Gleichermaßen verhält es sich mit Informationen über den Inhalt von Bankschließfächern. Dazu müsste das FA weitere Ermittlungen vornehmen, im Rahmen derer regelmäßig der Stpfl. zu beteiligen wäre.

 

Rz. 2c

Gegen den automatisierten Abruf der Konteninformationen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken[9], da die abrufbaren Kontostammdaten bei isolierter Betrachtung keine besondere Persönlichkeitsrelevanz haben. Diese Informationen haben für sich genommen noch kein besonderes Gewicht für die Privatheit und Entscheidungsfreiheit des Betroffenen. § 93b AO ist deshalb verfassungsgemäß.[10]

Aufgrund der besonderen Verwendungsbeschränkung in § 139b Abs. 4 AO war der Zugriff auf die steuerlichen Ordnungsmerkmale nach § 93b Abs. 2 S. 1 AO auf Finanzbehörden zu beschränken. Die kontenführende Bank erhält keine Kenntnis vom dem Kontenabruf, da hierzu bei der BAFin eine für diese nicht abrufbare Datenbank unterhalten wird, sodass keine schützenswerten Rechtsgüter aufseiten des Stpfl. betroffen sind.

 

Rz. 3

Die Information des Kreditinstituts über die Durchführung eines Kontenabrufs ist im Interesse des Betroffenen gesetzlich ausgeschlossen. Das die Datei führende Institut hat durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihm Kontenabrufe nicht zur Kenntnis gelangen.[11] Der Ausschluss stellt sicher, dass das Kreditinstitut von den Zweifeln des FA an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Steuererklärung eines Kunden keine Kenntnis erlangt. Außerdem soll der Kunde davor geschützt werden, dass das Kreditinstitut einen Kontenabruf zum Anlass eigener – etwa auf die Kreditwürdigkeit des Kunden abzielender – Untersuchungen nimm...

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