Rz. 16
Die Entscheidung der Finanzbehörde, Unterlagen zur Einsicht und Prüfung anzufordern, ist eine Ermessensentscheidung. Das der Behörde eingeräumte Ermessen umfasst neben der Entschließung zur Beweiserhebung durch Urkundenvorlage auch die Auswahl des Vorlagepflichtigen, die Auswahl der vorzulegenden Unterlagen und den Ort der Vorlage.
Rz. 17
Für die Beweismittelauswahl und damit für die Entschließung zur Erhebung des Beweises durch Urkundenvorlage gelten die allgemeinen Grundsätze. Danach kann die Finanzbehörde die Vorlage von Urkunden verlangen, wenn sie diese nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, diese zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig sind, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und dessen Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist.
Rz. 18
Im Rahmen ihres Entschließungsermessens kann die Finanzbehörde frei entscheiden, ob sie eine Außenprüfung durchführt oder aber ein Vorlageverlangen nach § 97 AO stellt. Zwischen dem Außenprüfungsverfahren und dem Vorlageverlangen besteht grundsätzlich weder ein Vor- oder Nachrangigkeits- noch ein Exklusivitätsverhältnis. Deshalb kann sich der Beteiligte einem rechtmäßigen Auskunfts- bzw. Vorlageverlangen auch nicht durch die Anregung einer Außenprüfung in eigener Sache entziehen und verwirkt die Behörde ihrerseits durch das Verlangen nach § 97 AO nicht das Recht auf die spätere Durchführung einer Außenprüfung.
Rz. 19
Die Auswahl der vorzulegenden Unterlagen ist auf das für die Sachverhaltsermittlung notwendige Maß zu beschränken. Es sind nur diejenigen Unterlagen anzufordern, die für Zwecke der Besteuerung tatsächlich benötigt werden. Auch im Rahmen einer Beweiserhebung nach § 97 AO ist das Verbot des Ausforschungsbeweises zu beachten. Rasterfahndungen u. ä. Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind generell unzulässig. Nach der Rspr. entspricht das an eine Bank/Sparkasse gerichtete Ersuchen, mit dem allein aufgrund hoher ungebundener Entnahmen die Vorlage sämtlicher Kontoauszüge für einen Zeitraum von vier Jahren verlangt wird, nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Finanzbehörde muss sich zunächst mit der Vorlage von Kontoauszügen für einen weitaus kürzeren Zeitraum (höchstens ein Jahr) begnügen. Erst wenn bei der Prüfung dieser Kontoauszüge Erkenntnisse gewonnen werden, die auf eine nicht erklärte Vermögensbildung hindeuten, kann auch die Vorlage von Auszügen für weitere Jahre zulässig sein. Soweit aufgrund des hohen Stellenwertes des Interesses der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen die Vorlage der Unterlagen erforderlich erscheint und der Schutz der Interessen des Beteiligten durch den Schutz des Steuergeheimnisses hinreichend gesichert ist, erscheint das Vorlageersuchen verhältnismäßig und zumutbar. Auf die Belastung des Beteiligten durch eine ggf. überbordende Anforderung ist indes nicht abzustellen.