1 Systematik

 

Rz. 1

Das Gesetz wendet die beiden Begriffspaare Grundlagen- und Folgebescheid sowie Feststellungs- und Steuerbescheid an, die eng miteinander zusammenhängen, ohne sich jedoch völlig zu decken. So ist zwar ein Feststellungsbescheid ein Grundlagenbescheid,[1] er kann jedoch gleichzeitig im Verhältnis zu einem anderen Bescheid Folgebescheid sein.

 
Praxis-Beispiel

Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft[2] ist der Gewinnfeststellungsbescheid der Personengesellschaft, an der eine andere Personengesellschaft beteiligt ist, Grundlagenbescheid für die Gewinnfeststellung dieser anderen Personengesellschaft; dieser ist insoweit Folgebescheid, seinerseits aber wieder Grundlagenbescheid für die Steuerfestsetzung der Gesellschafter.

Andererseits ist ein Steuerbescheid zwar regelmäßig Folgebescheid, er kann aber auch Grundlagenbescheid sein. Es kann sogar vorkommen, dass zwei Bescheide im Verhältnis zueinander sowohl Grundlagen- als auch Folgebescheid sind.[3] Darüber hinaus können auch sonstige Verwaltungsakte Grundlagenbescheide sein (vgl. Rz. 61).

 

Rz. 2

Daher ist jeder Feststellungsbescheid grundsätzlich auch Grundlagenbescheid; es liegt im Wesen der Feststellung, dass sie für einen anderen Bescheid bindend ist. Eine Ausnahme ist lediglich der Feststellungsbescheid nach § 251 AO, der keine Bindungswirkung für einen Steuerbescheid entfaltet (Rz. 6). Umgekehrt ist aber nicht jeder Grundlagenbescheid auch Feststellungsbescheid; auch Steuerbescheide und sonstige Verwaltungsakte können Grundlagenbescheid sein. Folgebescheide können Feststellungs- und Steuerbescheide sein; aber nicht jeder Steuerbescheid muss auch Folgebescheid sein. Es liegt nicht im Wesen des Steuerbescheids, dass er Folgebescheid ist.

 

Rz. 3

Das Gesetz unterscheidet nicht ausreichend zwischen den Begriffspaaren Grundlagen- und Folgebescheid einerseits sowie Feststellungs- und Steuerbescheid andererseits. Es geht unausgesprochen in seinen Regelungen davon aus, dass die Begriffe Feststellungsbescheid/Grundlagenbescheid und Steuerbescheid/Folgebescheid identisch sind. Daher sind im Gesetz zwar in §§ 179ff. AO ausreichende Regelungen für Feststellungsbescheide enthalten, Regelungen für Grundlagenbescheide fehlen aber, von der Definition in § 171 Abs. 10 AO abgesehen, völlig. Die Regelungen für Grundlagenbescheide, die keine Feststellungsbescheide i. S. d. § 179 AO sind, sind daher unvollständig und lückenhaft. Hierin liegt ein wesentlicher systematischer Mangel der AO. Eine wesentliche Lücke ist inzwischen durch Einfügung des § 171 Abs. 10 S. 2 AO geschlossen worden.[4]

[2] Frotscher, G., in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 180 AO Rz. 79ff.
[3] Z. B. bei "Zebragesellschaften"; vgl. Frotscher, G., in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 180 AO Rz. 37.
[4] Frotscher, G., in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 171 AO Rz. 181aff.

2 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

2.1 Feststellungsbescheid und Steuerbescheid

 

Rz. 4

Das Wesen eines Steuerbescheids besteht darin, dass in ihm eine Steuer nach Art und Betrag festgesetzt wird.[1] Dagegen werden in einem Feststellungsbescheid einzelne Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt; Tenor eines Feststellungsbescheids ist also nicht eine Steuer, sondern die Feststellung einer Besteuerungsgrundlage. Feststellungsbescheide enthalten daher eine Ausnahme von der grundsätzlichen Regelung des § 157 Abs. 2 AO, wonach Besteuerungsgrundlagen unselbstständige Bestandteile des Steuerbescheids sind und über sie regelmäßig nicht bestandskräftig entschieden wird. Soweit das Gesetz den Erlass eines Grundlagenbescheids vorsieht, wird entgegen der Regelung des § 157 Abs. 2 AO über Besteuerungsgrundlagen selbständig und bestandskräftig entschieden.[2]

[2] Zum Begriff der Besteuerungsgrundlagen vgl. Frotscher, G., in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 157 AO Rz. 52.

2.2 Gesonderte Feststellungen nach der AO

 

Rz. 5

Bei den Vorschriften der AO und der Einzelsteuergesetze ist zu unterscheiden zwischen Vorschriften, die bestimmen, welche Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen sind, und den Verfahrensregelungen zur Feststellung, ihren Rechtswirkungen und der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids. Die Verfahrensregelungen sind in §§ 179, 181-183 AO enthalten. Sie gelten für alle Feststellungsbescheide, auch die in Steuergesetzen außerhalb der AO geregelten.

 

Rz. 6

Die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist angesichts der grundsätzlichen Regelung des § 157 Abs. 2 AO sowie des § 179 Abs. 1 AO nur zulässig, wenn hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage besteht. Die Vorschriften der AO und der Einzelsteuergesetze über die Zulässigkeit von gesonderten Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen sind daher abschließende Regelungen. Besteht keine gesetzliche Grundlage für eine gesonderte Feststellung, können Besteuerungsgrundlagen nicht bestandskräftig festgestellt werden. Sie können dann auch nicht gesondert angefochten werden.

 

Rz. 7

§ 180 AO enthält die Zulässigkeitsregelungen für einige besonders wichtige gesonderte Feststellungen. Daneben schafft § 60a AO die Voraussetzungen einer gesonderten Feststellung über die Einhaltu...

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