Rz. 95

§ 163 StBerG nimmt im Hinblick auf die Tathandlung Bezug auf § 26 Abs. 2 StBerG, nach dem die Ausübung einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit i. V. m. der Hilfeleistung in Lohnsteuersachen untersagt ist. Verstöße hiergegen erfüllen den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit i. S. des § 163 StBerG. Der Begriff der unzulässigen wirtschaftlichen Betätigung ist weit auszulegen, womit dem Verein jede Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr untersagt ist, gleich ob sie selbstständig, unselbstständig, nur vorübergehend oder freiberuflich ausgeführt wird.[1] Dadurch soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass die Unerfahrenheit der rechtsuchenden Mitglieder des Vereins ausgenutzt wird und die Selbsthilfeeinrichtung sich – unter Vernachlässigung der Interessen der Mitglieder – praktisch in ein gewerbliches Unternehmen verwandelt.

 

Rz. 96

Neben der Hilfe in Lohnsteuersachen sind somit z. B. unzulässig die Betätigungen eines Lohnsteuerhilfevereins im Bereich der Kredit- oder Versicherungsvermittlung sowie der Vermittlung der Vorfinanzierung der Lohnsteuererstattung[2], der Ankauf von Lohnsteuerkarten von Vereinsmitgliedern, um die Erstattungsansprüche im eigenen Namen geltend zu machen oder die gleichzeitige Tätigkeit des Beratungsstellenleiters als Rechtsanwalt.[3] Im Gegensatz dazu sind zulässig das Ausstellen von Bescheinigungen über die voraussichtliche Höhe der Erstattungsansprüche, die Inempfangnahme von Abtretungserklärungen der Banken, das Ausfüllen der Steuerantragsformulare entsprechend den Abtretungserklärungen und deren Absenden an das FA.[4]

 

Rz. 97

Das Verbot richtet sich zunächst an die verantwortlich für den Lohnsteuerhilfeverein Handelnden, d. h. den Vorstand des Lohnsteuerhilfevereins, vgl. § 9 Abs. 1 OWiG. Darüber hinaus gilt es aber auch für jede andere Person, die für den Verein die unzulässige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, wie z. B. Beratungsstellenleiter, Angestellte und sonstige Mitarbeiter des Vereins.[5]

 

Rz. 98

Der Bußgeldtatbestand des § 163 StBerG erfasst gem. § 10 OWiG ausschließlich vorsätzliches Verhalten, sodass dem Handelnden bewusst sein muss, dass die von ihm ausgeübte Tätigkeit wirtschaftlicher Art ist. Ist ihm jedoch das Verbot anderweitiger wirtschaftlicher Betätigung gem. § 26 Abs. 2 StBerG unbekannt, so dürfte es sich hierbei um einen – in aller Regel vermeidbaren – Verbotsirrtum handeln.[6]

 

Rz. 99

Die Ordnungswidrigkeit nach § 163 StBerG kann mit Geldbuße zwischen 5 EUR gem. § 17 Abs. 1 OWiG und 25.000 EUR gem. § 163 Abs. 2 StBerG geahndet werden. Folglich verjährt die Tat gem. § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG in drei Jahren.

Bei entsprechenden Zuwiderhandlungen kann die Aufsichtsbehörde gem. § 28 Abs. 3 StBerG darüber hinaus die Schließung einer Beratungsstelle anordnen, in der die Einhaltung der in § 26 StBerG bezeichneten Pflichten nicht gewährleistet ist.

Bei entsprechenden Tathandlungen kann es zur Tateinheit von unzulässiger wirtschaftlicher Betätigung des Lohnsteuerhilfevereins nach § 163 StBerG und dem unzulässigen Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen gem. § 383 AO kommen. In diesem Fall wird gem. § 19 Abs. 2 OWiG die Geldbuße nach dem § 383 AO bestimmt, da diese Norm mit der Maximalstrafe von 50.000 EUR die höhere Bußgeldandrohung enthält.

[1] BFH v. 2.2.1982, VII R 62/81, BStBl II 1982, 360; Thüringer FG v. 23.8.2005, III 221/05, EFG 2006, 374; vgl. auch Senge, in Erbs/Kohlhaas, § 26 StBerG Rz. 2; Gehre/Koslowski, StBerG, § 26 StBerG Rz. 8; Schauf, in Kohlmann, § 377 AO Rz. 208.
[4] BGH v. 26.11.1992, 1 ZR 261/90, NJW 1993, 1135.
[5] Senge, in Erbs/Kohlhaas, StBerG, § 162 StBerG Rz. 2; Schauf, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 377 AO Rz. 209.
[6] Hunsmann, in Rolletschke, Steuerstrafrecht, 4. Aufl. 2012, § 377 AO Rz. 206.

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