Dr. Zacharias-Alexis Schneider
1 Aufbau und Inhalt der Vorschriften
Rz. 1
Der Dritte Teil der Abgabenordnung mit der Überschrift "Allgemeine Verfahrensvorschriften "gliedert sich wie folgt in zwei Abschnitte mit weiteren Unterabschnitten:
Rz. 2
Der Aufbau und die Systematik des Dritten Teils stößt berechtigterweise auf Kritik, da die Klammer "Allgemeine Verfahrensvorschriften" schwerlich glücklich über die Abschnitte zu den Verfahrensgrundsätzen und den Verwaltungsakten gezogen werden kann. Vorschriften über das Zustandekommen von Verwaltungsakten können zudem nicht zielführend unter den allgemeinen Verfahrensvorschriften abgebildet werden. Umgekehrt regeln die unter Verfahrensgrundsätze angeordneten §§ 78ff. AO u. a. auch Rechte und Pflichten der betroffenen Personen, wie z. B. mit § 93 AO die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Die ebenfalls eingegliederte Handlungsfähigkeit gem. § 79 AO und die Bevollmächtigung gem. § 80 AO finden auch außerhalb des Verwaltungsverfahrens Anwendung und wären daher systematisch vor die Klammer zu ziehen. Streng genommen haben diese Vorschriften sogar wenig mit der Beteiligung am Verfahren zu tun.
Rz. 3
Unter der Überschrift "Verfahrensgrundsätze" finden sich Bestimmungen zur Person des Beteiligten im Verwaltungsverfahren, sowie zur Vertretung des Beteiligten. Allerdings bleiben diese Bestimmungen nicht abschließend. In den §§ 82 bis 84 AO des 2. Unterabschnitts ist die Befangenheit von Amtsträgern im Verwaltungsverfahren geregelt.
Die Überschrift des 3. Unterabschnitts ("Besteuerungsgrundsätze, Beweismittel") ist ebenso wenig trennscharf, da Besteuerungsgrundsätze nur in § 85 AO geregelt werden, während die §§ 86 bis 92 AO "Allgemeine Verfahrensgrundsätze "enthalten und die §§ 93 bis 107 AO sich insbesondere mit Beweismitteln etc. befassen.
Die Vorschriften des Zweiten Abschnitts regeln insbesondere das Zustandekommen, den Inhalt, die Bekanntgabe, die Wirksamkeit und die Wirkung bzw. die Rechtsfolgen von fehlerhaften Verwaltungsakten. Ebenso wird die Heilung von Verfahrens- und Formfehlern, sowie die Umdeutung, Rücknahme und der Widerruf von Verwaltungsakten geregelt.
Rz. 4
Der Dritte Teil der Abgabenordnung enthält somit allgemeine Regelungen für das Verwaltungsverfahren. Er beschreibt einerseits allgemeine Verfahrensgrundsätze und trifft insbesondere Regelungen für die Beweiserhebung durch die Finanzbehörde. Andererseits werden hier die Rechtsgrundlagen für die wesentliche Verfahrenshandlung der Finanzbehörde beschrieben, nämlich den Verwaltungsakt. Die im Dritten Teil der Abgabenordnung beschriebenen Grundsätze und getroffenen Regelungen haben Geltung für das gesamte Verwaltungsverfahren, sofern nicht für einzelne Verfahrensabschnitte spezielle Regelungen getroffen wurden. Die gesetzlichen Regelungen der AO sind allerdings nicht abschließend. Soweit Lücken bestehen, sind diese durch die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts, vornehmlich durch analoge Anwendung des VwVfG, zu schließen. Aufgrund der Vergleichbarkeit der Verwaltungsverfahren stimmen die Vorschriften des Dritten Teil in weiten Bereichen mit denen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverfahrens (VwVfG) und des Sozialverwaltungsverfahrens (SGB X) überein.
Rz. 5
Die Vorschriften des Dritten Teils der Abgabenordnung gelten für alle Verwaltungsverfahren im Anwendungsbereich der AO, sofern nicht abweichende Regelungen getroffen wurden. Sie beanspruchen daher insbesondere Geltung für die Bereiche der Steuerfestsetzung, der Steuererhebung, der Steuervollstreckung sowie im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren. Keine Anwendung finden diese im Steuerstraf- und Bußgeldverfahren. Für den Bereich der Zollverwaltung wird die AO durch den Unionszollkodex (UZK) verdrängt.
2 Bedeutung der Vorschriften
Rz. 6
Der Dritte Teil der Abgabenordnung soll die grundlegenden Rahmenbedingungen zur Durchführung des Steuerverfahrens beschreiben. Das Steuerverfahrensrecht regelt hierbei die Art und Weise des Verwaltungsverfahrens und dient der Verwirklichung des materiellen Steueranspruchs der Finanzverwaltung unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze.
Rz. 7
Gem. Art. 108 GG obliegt den Finanzbehörden die Verwaltung von Steuern. Sie sind in erster Linie Träger des Steuerverwaltungsverfahrens. Ziel dieses Verfahrens ist nach § 85 S. 1 AO die Verwirklichung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis nach Maßgabe der Steuergesetze. Das zwischen dem Staat und den Bürgern infolge der Einbindung in die Staatsgewalt bestehende öffentlich-rechtliche Steuerverwaltungsrechtsverhältnis kann sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, ohne dass es einer besonderen Handlung seitens der Finanzbehörde bedarf, z. B. bei den in verschiedenen Gesetze...