1 Allgemeines
Rz. 1
§ 8 VwZG gilt für die Zustellung sowohl von schriftlichen als auch – nach Maßgabe des § 8 letzter Halbsatz VwZG – von elektronischen Dokumenten. Die Vorschrift bezweckt, Zustellungen nicht an formellen Fehlern scheitern zu lassen, wenn feststeht, dass der Empfänger die Sendung tatsächlich erhalten hat. Die Vorschrift ist weitgehend an § 189 ZPO angepasst. Folge der Heilung ist, dass der Verwaltungsakt zugestellt ist und dass die Zustellung den Vorschriften des VwZG entspricht, also eine "förmliche" Zustellung ist.
Die Heilung ist bei allen Formen der Zustellung möglich, auch bei öffentlicher Zustellung.
Voraussetzung der Heilung ist, dass ein Dokument (Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift, elektronisches Dokument) als Zustellungsgegenstand bekannt gegeben wird. Treten bei der Zustellung eines solchen Zustellungsgegenstands (formelle) Fehler auf, können diese nach § 8 VwZG geheilt werden. Dagegen ist eine Heilung nicht möglich, wenn überhaupt kein geeigneter Zustellungsgegenstand vorliegt; dann liegt nicht eine formell fehlerhafte Zustellung, sondern mangels eines Zustellungsgegenstands überhaupt keine Zustellung vor; dieser Fehler kann nicht geheilt werden.
2 Heilung nur bei formellen, nicht bei inhaltlichen Mängeln
Rz. 2
Eine Heilung kommt nur bei formellen Fehlern, z. B. bei Verstößen gegen § 3 VwZG, gegen § 7 VwZG oder gegen die Regeln der öffentlichen Zustellung in Betracht. Nicht nach § 8 VwZG geheilt werden können inhaltliche, materielle Fehler des Verwaltungsakts, etwa Fehler in der Adressierung.
3 Maßgebender Zeitpunkt
Rz. 3
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Heilungswirkung ist der, in dem der Empfangsberechtigte das Schriftstück tatsächlich in einer Weise erhalten hat, dass er von dem Inhalt Kenntnis nehmen konnte. Ausreichend ist nach den allgemeinen Bekanntgabe- und Zugangserfordernissen, dass das Schriftstück in den Machtbereich gelangt ist und die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand. Er muss nicht die Urschrift oder Abschrift erhalten haben, die für ihn bestimmt war; es genügt, dass er eine Fotokopie des zuzustellenden Verwaltungsakts erhält, wenn diese Kopie den Inhalt des Verwaltungsakts vollständig wiedergibt. Dazu gehört auch die Wiedergabe der Rechtsbehelfsbelehrung; enthält die übermittelte Kopie die Rechtsbehelfsbelehrung nicht, ist der Bescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung mit der Folge der verlängerten Rechtsbehelfsfrist nach § 356 Abs. 2 AO wirksam. Unerheblich ist auch, ob die Kopie zusammen mit dem Bescheid auf den Weg gebracht worden ist.
4 Empfangsberechtigter
Rz. 4
Die Anordnung der Zustellung ist ein behördeninterner Vorgang, kein Verwaltungsakt. Es gelten daher nicht die Regeln über ermessensgebundene Verwaltungsakte; insbesondere braucht die Anordnung der Zustellung nicht begründet zu werden.
Erforderlich für die Heilung ist tatsächlicher Zugang bei dem Empfangsberechtigten; es ist nicht erforderlich, dass die Behörde bei Übersendung einer Kopie in Bekanntgabe- oder Zustellungswillen gehandelt hat oder sich überhaupt über die Wirkungen der Zusendung im Klaren ist. Voraussetzung ist jedoch, dass überhaupt ein Zustellungswille bestand, z. B. bei der ersten, unwirksamen Zustellung. Liegt dieser Wille, das Schriftstück überhaupt bekanntzugeben, vor, schadet es nicht, wenn der handelnde Beamte bei Übersendung der Kopie sich der Zustellungswirkung dieser Übersendung nicht im Klaren war, weil er von der Wirksamkeit der ursprünglichen Zustellung ausging.