Rz. 31
Die gerichtliche Überprüfung einer Ermessensentscheidung führt i. d. R. zu einer Kassation nach § 100 Abs. 1 FGO oder zu einem Bescheidungsurteil nach § 101 S. 2 FGO. Grundsätzlich kommen weder ein Abänderungsurteil nach § 100 Abs. 2 FGO noch ein Verpflichtungsurteil nach § 101 S. 1 FGO in Betracht.
2.2.5.1 Anfechtungsklage: Kassation
Rz. 32
Kommt das Gericht bei einer Anfechtungsklage zu der Auffassung, dass die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für einen behördlichen Eingriffsakt aufgrund einer Ermessensentscheidung nicht vorliegen, hebt es den angefochtenen Verwaltungsakt gem. § 100 Abs. 1 FGO auf. Stellt das Gericht lediglich einen Ermessensfehler fest, hebt es den Verwaltungsakt ebenfalls auf. Handelt es sich um einen Geldverwaltungsakt, kann das Gericht nicht nach § 100 Abs. 2 FGO einen anderen, seiner Meinung nach angemessenen Betrag festsetzen. Denn dann würde es anstelle der Verwaltung eigenes Ermessen ausüben und nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten einen von mehreren in Betracht kommenden Beträgen festlegen. Das Gericht ist aber auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt. Eine Ermessensreduzierung auf Null dahin gehend, dass nur ein einziger Betrag als rechtmäßig infrage kommt, ist kaum denkbar.
Rz. 33
In den Urteilsgründen muss das Gericht ausführen, welcher Art der Ermessensfehler ist. Liegt der Fehler darin, dass die Behörde sich überhaupt zu einer Ermessensentscheidung entschlossen hat (Entschließungsermessen), kommt bei unverändertem Sachverhalt eine neue Ermessensentscheidung der Behörde nach dem Urteil nicht in Betracht. Anderenfalls kann die Behörde unter Vermeidung des gerügten Ermessensfehlers eine neue, allerdings dann auch erneut anfechtbare Ermessensentscheidung erlassen.
2.2.5.2 Verpflichtungsklage: Bescheidungsurteil
Rz. 34
Kommt das Gericht bei einer Verpflichtungsklage zu der Auffassung, dass die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass eines Verwaltungsakts aufgrund einer Ermessensentscheidung nicht vorliegen, weist es die Klage auf Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts ab. Stellt das Gericht lediglich einen Ermessensfehler fest, hebt es regelmäßig den ablehnenden Verwaltungsakt nur auf, ohne nach § 101 S. 1 FGO die Behörde zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts zu verurteilen. Denn die Ausübung fehlerfreien Ermessens ist allein Sache der Behörde. Da vom Gericht nicht entschieden werden kann, welche der bei fehlerfreier Ermessensausübung möglichen verschiedenen rechtmäßigen Rechtsfolgen die zweckmäßigste zu sein scheint, ist die Sache insoweit nicht spruchreif. Es kommt nur ein Bescheidungsurteil in Betracht. Das Gericht verurteilt daher die Behörde gem. § 101 S. 2 FGO dazu, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (unter Vermeidung des Ermessensfehlers) neu zu bescheiden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Gericht einen Ermessensfehler festgestellt und nicht nur für möglich gehalten hat.
Rz. 35
Lediglich bei Ermessensreduzierung auf Null kommt ein Verpflichtungsurteil in Betracht.
Rz. 36
Hat der Kläger ein Verpflichtungsurteil beantragt, kann das Gericht aber wegen fehlender Spruchreife nur ein Bescheidungsurteil erlassen, ist die Klage im Übrigen abzuweisen und der Kläger hat grundsätzlich die Hälfte der Kosten zu tragen, weil er teilweise unterlegen ist. Da eine Ermessensreduzierung auf Null die Ausnahme ist, empfiehlt es sich, immer wenn eine Ermessensentscheidung der Behörde begehrt wird, lediglich einen Bescheidungsantrag anstelle eines Verpflichtungsantrags zu stellen, um das Kostenrisiko zu minimieren.