Rz. 38

Ob Bezugnahmen und Verweisungen auf Schriftstücke, die nicht zur Begründung der konkreten Revision gefertigt worden sind, zur Begründung der Revision ausreichen, entscheidet sich danach, inwieweit sie als eigenständige Auseinandersetzung mit dem angefochtenen FG-Urteil angesehen werden können (Rz. 35), ferner auch, ob dem Vertretungszwang[1] genügt ist (Rz. 39). Eine Bezugnahme ist danach nur begrenzt zulässig. Voraussetzung ist jedenfalls, dass – wegen des Erfordernisses der eigenständigen Auseinandersetzung mit dem FG-Urteil (Rz. 35) – das Schriftstück von dem Prozessbevollmächtigten selbst erstellt wurde[2] und – ggf. zusammen mit weiterem Vorbringen – inhaltlich die Anforderungen an eine Revisionsbegründung erfüllt.

Eine Bezugnahme auf die Klageschrift und weitere Schriftsätze des außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfahrens 1. Instanz ist grundsätzlich nicht ausreichend, da diese Schriftsätze naturgemäß keine Auseinandersetzung mit der Entscheidung des FG enthalten können. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Kläger sich bereits im Klageverfahren eingehend mit den Argumenten auseinandergesetzt hat, auf die das FG seine klageabweisende Entscheidung gestützt hat, sodass zur Streitfrage "nichts mehr zu sagen ist"[3], z. B. wenn sich aus dem in Bezug genommenen Schriftsatz des Klageverfahrens eindeutig ergibt, was gegen das angefochtene FG-Urteil vorgebracht werden soll.[4]

Ergibt sich aus dem FG-Urtei, dass das FG von einer bestimmten BFH-Rechtsprechung abgewichen ist, genügt es als Revisionsbegründung, wenn die Abweichung dargestellt und darauf hingewiesen wird, dass der Revisionskläger sich der BFH-Rechtsprechung anschließt.[5]

Eine Bezugnahme auf den Schriftsatz einer (erfolgreichen) Nichtzulassungsbeschwerde ist ebenfalls grundsätzlich nicht zulässig, da beide Rechtsmittel unterschiedliche Zielsetzungen haben.[6] Ausnahmsweise wird die Bezugnahme zugelassen, wenn die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im selben auch die Revision begründenden Schriftsatz enthalten ist.[7] Die Bezugnahme ist ferner zulässig, wenn bereits die Nichtzulassungsbeschwerde eine kritische Auseinandersetzung mit der Auffassung des FG unter dem Gesichtspunkt der materiellen Richtigkeit enthält, d. h., inhaltlich den Anforderungen an eine Revisionsbegründung genügt.[8] Die nach § 155 FGO, § 551 Abs. 3 S. 2 ZPO mögliche Bezugnahme auf die Nichtzulassungsbeschwerde gilt daher nur für den Fall, dass die Nichtzulassungsbeschwerde bereits den inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung genügt. Bei einer sonach zulässigen Bezugnahme ist die zusätzliche Einreichung der Begründungsschrift der Nichtzulassungsbeschwerde nicht (mehr) erforderlich.[9]

 

Rz. 39

Wurde in einem die Revision zulassenden Beschluss ein Verfahrensmangel bejaht und dies näher begründet, kann auch auf die Gründe dieses Beschlusses oder auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden, da bei Verfahrensrügen im Nichtzulassungsbeschwerde- und im Revisionsverfahren die gleichen Anforderungen gelten.[10] Entsprechendes gilt bei Bezugnahme auf einen die gerügte Divergenz bejahenden Zulassungsbeschluss.[11] Ergeht der Zulassungsbeschluss ohne Gründe nach § 116 Abs. 5 FGO, ist eine Bezugnahme auf die Nichtzulassungsbeschwerde nur ausreichend, wenn in ihm ein Verfahrensmangel als Zulassungsgrund angegeben ist.

Eine Bezugnahme auf Schriftsätze in anderen Revisionsverfahren ist nur zulässig, wenn in beiden Verfahren die gleiche Rechtsfrage streitig ist, dieselben Personen beteiligt sind und der Revisionsbegründung eine Abschrift des in der anderen Sache eingereichten Schriftsatzes beigefügt und ausdrücklich zum Gegenstand des Vortrags gemacht wird, da es nicht Aufgabe des BFH ist, aus andere Beteiligte betreffenden Verfahren die auf den Streitfall passenden Gründe herauszufinden.[12] Dies gilt sogar bei gleichzeitigem Eingang der Revisionsbegründungsschriften in zwei Parallelsachen, selbst wenn bereits im FG-Urteil eine Bezugnahme hergestellt worden ist.[13]

Die Bezugnahme auf einen Antrag auf Bewilligung von PKH ist grundsätzlich zulässig, wenn der Antrag von dem Prozessbevollmächtigten i. S. d. § 62 Abs. 4 FGO verfasst ist und der Inhalt den Anforderungen des § 120 Abs. 2 FGO entspricht.[14]

Eine ergänzende Verweisung auf ein Urteil des BFH kann ausreichen, wenn sich dieses Urteil mit der den Streitfall betreffenden Problematik befasst.[15]

Nicht ausreichend ist auch die Bezugnahme auf einen von der Partei oder einem Dritten verfassten Schriftsatz, auch wenn ihn der Prozessbevollmächtigte ausdrücklich zum Gegenstand seines Vortrags macht. Entsprechendes gilt für das Gutachten eines Dritten, und zwar selbst dann, wenn es – für sich genommen – den Anforderungen des Abs. 3 bzw. des § 62 Abs. 4 FGO (postulationsfähige Person) genügen würde und der Prozessbevollmächtigte es sich ausdrücklich zu eigen macht.[16] Ohne eine entsprechende "Umsetzung" fehlt es außer an den Erfordernissen des Vertretungszwangs auch an der eigenständigen Auseinan...

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