Rz. 41
Das Ablehnungsverfahren beginnt durch Anbringung eines Ablehnungsgesuchs oder durch eine Selbstablehnungsanzeige der betroffenen Gerichtsperson.
3.3.1 Ablehnungsgesuch
Rz. 42
Das Ablehnungsgesuch ist nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 44 Abs. 1 ZPO bei dem Gericht anzubringen, dem der abgelehnte Richter angehört; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Dabei ist der Ablehnungsgrund nach § 44 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
3.3.1.1 Formale Anforderungen an das Ablehnungsgesuch
Rz. 43
Die Befugnis zur Ablehnung steht nach § 42 Abs. 3 ZPO nur den Beteiligten i. S. d. § 57 FGO zu. Der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten hat daher kein eigenes Ablehnungsrecht, auch nicht in Bezug auf solche Befangenheitsgründe, die sich aus dem Verhältnis des Richters zu seiner Person ergeben.
Rz. 44
Da das Ablehnungsgesuch eine Prozesshandlung ist, müssen zunächst die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen; d. h. der das Gesuch anbringende Beteiligte muss insbesondere beteiligtenfähig und postulationsfähig sein. Ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter am BFH unterliegt folglich grundsätzlich dem Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 FGO, es sei denn, in dem zugrundeliegenden Verfahren vor dem BFH besteht ausnahmsweise kein Vertretungszwang. Der Ablehnungsantrag muss ferner eindeutig und unbedingt als solcher gestellt werden. Beiläufige Bemerkungen, die Ankündigung eines Ablehnungsgesuchs oder die vorsorgliche Geltendmachung der Besorgnis der Befangenheit für ggf. noch zu benennende Richter des Senats genügen insoweit nicht.
Das Ablehnungsgesuch ist grundsätzlich schriftlich zu stellen Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären. In der mündlichen Verhandlung kann es auch mündlich gestellt werden und ist auf Antrag zu protokollieren.
Rz. 45
Nach § 44 Abs. 2 ZPO muss das Ablehnungsgesuch schlüssig begründet und der Ablehnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies erfordert, dass hinreichend substantiiert und nachvollziehbar Tatsachen vorgetragen werden, die die Befangenheitsbesorgnis bei objektiver Betrachtung rechtfertigen können. Wird der Ablehnungsgrund nicht substantiiert begründet oder nicht glaubhaft gemacht, ist der Ablehnungsantrag unzulässig. Zur Glaubhaftmachung darf nicht auf eine Versicherung an Eides statt des Beteiligten zurück gegriffen werden; es kann aber auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden. Zulässig sind grundsätzlich alle (präsenten) Beweismittel; eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, findet hingegen nicht statt. Unzulässig ist auch ein Antrag, der mit denselben Tatsachen begründet wird wie ein zuvor bereits zurückgewiesenes Ablehnungsgesuch.
Rz. 46
Das Ablehnungsverfahren ist als solches nicht fristgebunden. Faktisch wird die Antragstellung jedoch durch den Verlust des Ablehnungsrechts nach § 43 ZPO begrenzt. Auch fehlt dem Ablehnungsgesuch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antrag erst nach Beendigung der Instanz gestellt wird, da mit der Richterablehnung nur das Ziel verfolgt werden kann, den abgelehnten Richter an einer weiteren Tätigkeit im betreffenden Verfahren zu hindern. Gleiches gilt, wenn der abgelehnte Richter z. B. wegen seines Eintritts in den Ruhestand nicht mehr mit der Sache befasst werden kann.
Rz. 47
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt oder entfällt ferner, wenn das Ablehnungsrecht rechtsmissbräuchlich ausgeübt wird. Dies ist z. B. der Fall bei:
- einer pauschalen Ablehnung der Richterbank ohne Benennung und Konkretisierung des Ablehnungsgrunds;
- einem Vortrag von Gründen, die eine Richterablehnung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können;
- einem Ablehnungsgesuch, das insgesamt oder zumindest überwiegend verunglimpfenden Inhalt oder grobe Beleidigungen und Beschimpfungen enthält;
- einem Ablehnungsgesuch, das offenbar nur der Verschleppung dient;
- einem unsubstantiierten und unschlüssigen Vortrag der Ablehnungsgründe oder einer Pauschalablehnung;
- einer wiederholten, ohne ausreichenden (neuen) Grund beantragten Ablehnung von Richtern.