Rz. 46
Nach § 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 FGO sind vertretungsbefugt Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens. Der Begriff des Beschäftigten i. S. d. Regelung ist weit auszulegen und erfasst alle öffentlich-rechtlichen oder privaten Beschäftigungsverhältnisse. Diese weite Auslegung darf aber nicht zur Umgehung berufsrechtlicher Zulassungsvoraussetzungen durch besonders begründete Beschäftigungsverhältnisse zum Zweck der geschäftsmäßigen Prozessführung führen.
Hiernach können sich auch Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen (Rz. 12–13a).
Die Vertretungsbefugnis erstreckt sich ausschließlich auf die Vertretung des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers selbst und nicht etwa auf die Vertretung seiner Kunden oder der Mitglieder einer Vereinigung. Allerdings dürfen Mitarbeiter verbundener Unternehmen die Prozessvertretung innerhalb des Unternehmensverbunds übernehmen. Aus der nach § 80 S. 1 ZPO schriftlich vorzulegenden Prozessvollmacht (Rz. 60) muss sich ergeben, dass der Vertreter für ein verbundenes Unternehmen i. S. d. § 15 AktG auftritt.
Rz. 46a
§ 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 FGO regelt die Zulässigkeit unentgeltlicher Prozessvertretung. Dies ist nach § 6 RDG nur eine Tätigkeit, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht. Der Begriff der Unentgeltlichkeit ist eng auszulegen, es kommt insbesondere nicht darauf an, ob gerade für die Prozessvertretung ein Entgelt vereinbart ist. Unter diesen Voraussetzungen sind vertretungsbefugt:
- volljährige Familienangehörige ausschließlich i. S. v. § 15 AO und § 11 LebenspartnerschaftsG.
- Personen mit Befähigung zum Richteramt, deren Tätigkeit auf einem ein- oder mehrmaligen, auch fortlaufenden, Freundschaftsdienst oder Ehrenamt beruhen kann.
- Streitgenossen i. S. v. § 57 FGO, sodass die Prozessführung auf einen von mehreren Klägern (§ 57 FGO Rz. 1) konzentriert werden kann.
Rz. 46b
Nach § 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 FGO sind Personen oder Personenvereinigung i. S. v. § 3 Nr. 4 StBerG a. F. – jetzt § 3a StBerG, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaats leisten, auch zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland befugt, soweit sie mit der Hilfeleistung eine Dienstleistung nach Art 50 EG erbringen, also bei vorübergehender und gelegentlicher Hilfeleistung in Steuersachen (Rz. 93).
Rz. 46c
Nach § 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 FGO sind vertretungsbefugt landwirtschaftliche Buchstellen im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 4 Nr. 8 StBerG.
Rz. 46d
Nach § 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 FGO sind vertretungsbefugt Lohnsteuerhilfevereine im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 4 Nr. 11 StBerG.
Rz. 46e
Nach § 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 FGO sind vertretungsbefugt Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder.
Rz. 46f
Nach § 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 FGO sind vertretungsbefugt juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 6 bezeichneten Organisationen (Rz. 46e) stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.