Rz. 23
Die Frist kann als richterliche Frist verlängert werden. Vorsicht ist geboten, wenn vor Ablauf der alten Frist eine Antwort des Gerichts über die beantragte Fristverlängerung nicht vorliegt. Denn es ist Aufgabe der Beteiligten, sich rechtzeitig nach einer möglicherweise verlängerten Frist zu erkundigen, sodass eine Frist auch dann verstreicht, wenn die Ablehnung des Verlängerungsantrags erst verspätet bei den Beteiligten eintrifft. Es ist daher davon abzuraten, Anträge zur Verlängerung von Ausschlussfristen erst unmittelbar vor Ablauf der Fristen zu stellen. Anders als bei der Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 FGO, in dem die Wiedereinsetzungsmöglichkeit durch das Gesetz ausdrücklich gewährt wird, ist hier bei Fristversäumnis eine Wiedereinsetzung nach § 56 FGO nicht möglich, da es sich nicht um eine gesetzliche, sondern um eine richterliche Frist handelt. Dafür sind die Beteiligten auf die Folgen einer Fristversäumnis aber ausdrücklich hinzuweisen. Die Frist muss im Hinblick auf das jeweils geforderte Verhalten lang genug bemessen werden, um die Beschaffung der notwendigen Informationen und Unterlagen auch dem Prozessbevollmächtigten zu ermöglichen.
Rz. 24
Die Fristverlängerung kann sowohl vor als auch nach Fristablauf beantragt und gewährt werden. Es ist nicht erforderlich, dass der Fristverlängerungsantrag vor Ablauf der Frist bei Gericht eingegangen sein muss. Nach dem Wortlaut des Gesetzes können erst nach Fristablauf vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel vom Gericht zurückgewiesen werden, sie müssen jedoch nicht zurückgewiesen werden. Darüber hinaus regelt § 79b Abs. 3 FGO nur, was geschehen kann, wenn Vortrag in der Sache nach Fristablauf erfolgt, die Frist also nicht verlängert wurde. Über die Fristverlängerungsmöglichkeiten selbst wird nichts gesagt. Erfolgt der Sachvortrag nach – auch nachträglicher – Fristverlängerung innerhalb der verlängerten Frist, wird er nicht nach Fristablauf vorgebracht und ist damit nicht verspätet. Der Fristverlängerungsantrag selbst ist hingegen nicht Vortrag i. S. v. § 79b Abs. 3 FGO. Dort ist nur der seitens des Gerichts nach § 79b Abs. 1 und 2 FGO angeforderte Sachvortrag gemeint. Weiter ist zu berücksichtigen, dass das Gericht Herr des Verfahrens bleibt. Die Sache befindet sich noch im vorbereitenden Verfahren. Der Vorsitzende oder der Berichterstatter haben nach § 79 Abs. 1 S. 1 FGO alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Dazu kann auch gehören, eine einmal gesetzte Ausschlussfrist zurückzunehmen oder zu verlängern. Es können daher in einer nach Fristablauf bewilligten Fristverlängerung auch eine Aufhebung der alten Verfügung, mit der die Ausschlussfrist zunächst gesetzt wurde, und das Setzen einer neuen, längeren Frist gesehen werden. Soll die (nach Ablauf der ursprünglichen Frist) beantragte Fristverlängerung abgelehnt werden, entscheidet hierüber der Vorsitzende bzw. der Berichterstatter.
Rz. 25
Wegen der Unsicherheit, ob einem Verlängerungsantrag stattgegeben wird, empfiehlt es sich aber, Fristverlängerungsanträge so rechtzeitig vor Fristablauf zu stellen, dass darüber noch entschieden und die Entscheidung dem Beteiligten bekannt gegeben werden kann zu einem Zeitpunkt, zu dem er notfalls noch innerhalb der nicht verlängerten Frist reagieren kann. Denn es ist Aufgabe des Beteiligten, sich rechtzeitig nach einer möglicherweise verlängerten Frist zu erkundigen, sodass eine Frist auch dann verstreicht, wenn die Ablehnung des Verlängerungsantrags erst verspätet beim Antragsteller eintrifft.
Rz. 26
Die Fristverlängerung steht im Ermessen des Vorsitzenden oder des Berichterstatters. Sie kann sowohl auf Antrag des Beteiligten als auch von Amts wegen vorgenommen werden und ist geboten (Ermessensreduzierung auf Null), wenn erkennbar ist, dass die bisher gesetzte Frist unangemessen kurz war. In vielen Fällen dürften durch ein Fristverlängerungsbegehren erste Anhaltspunkte dafür erkennbar werden, wie lang eine angemessene Frist zu bemessen ist. Liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor, scheidet ein Zurückweisen verspäteten Vortrags gem. § 79b Abs. 3 S. 1 Nr. 2 FGO aus. Wird lediglich die Säumnis entschuldigt, ohne dass der geforderte Vortrag erfolgt, sollte die Frist verlängert werden.
Rz. 27
Erlangt ein Beteiligter trotz ordnungsgemäßer Bekanntgabe erst nach Ablauf der Ausschlussfrist von der Fristsetzung Kenntnis und stellt deshalb verspätet einen Fristverlängerungsantrag, dürfte es häufig sachgerecht sein, die Frist angemessen zu verlängern. Verspätete Anträge, die offensichtlich in Verschleppungsabsicht gestellt werden, können ebenso ermessensfehlerfrei zurückgewiesen werden wie die rechtzeitig gestellten Fristverlängerungsanträge. Grundsätzlich ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung über einen Fristverlängerungsantrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dennoch ist äußerste Vorsicht geboten, wenn vor Ablau...