Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 299
Führt eine Gesellschaft an seinen Gesellschafter eine Leistung aus, kann dies im Rahmen eines Leistungsaustauschs erfolgen. Voraussetzung ist, dass die Gesellschaft von dem Gesellschafter ein besonders berechnetes Entgelt erhält. In diesem Fall ist zu prüfen, ob das gesondert berechnete Entgelt mindestens das erreicht, was bei einer unentgeltlichen Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen wäre (Mindestbemessungsgrundlage, § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 UStG). Wird eine Leistung ohne gesondert berechnetes Entgelt an einen Gesellschafter abgegeben, unterliegt dies unter den weiteren Voraussetzungen der Besteuerung nach § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG. Ob ein Entgelt bei einer ausgeführten Leistung vorliegt oder nicht, bestimmt sich dabei nach wirtschaftlichen Kriterien. So kann ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter gegeben sein, wenn eine Gesellschaft ihrem Gesellschafter ein gesellschaftseigenes Fahrzeug unter Belastung der Privatkonten zur privaten Nutzung überlässt.
Rz. 300
Im Regelfall wird sich die Unternehmereigenschaft einer Gesellschaft nicht alleine aus den Leistungen gegenüber den Gesellschaftern begründen, sondern aufgrund von Leistungen gegenüber Dritten. Aber auch alleine durch entgeltliche Leistungen gegenüber Gesellschaftern kann sich die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft ergeben (§ 2 Abs. 1 S. 3 UStG). Unentgeltliche Leistungen gegenüber Gemeinschaftern führen allein für sich genommen nicht zur Unternehmereigenschaft der Gemeinschaft. So begründet nach der Rechtsprechung des BFH die unentgeltliche Überlassung eines in Bruchteilsgemeinschaft erworbenen Gegenstands (im entschiedenen Fall eines Mähdreschers) an einen der Gemeinschafter weder eine eigene Rechtspersönlichkeit noch eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinschaft, sodass die einzelnen Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen sind. Die Finanzverwaltung hatte dies anders gesehen und ging bei gemeinsamer Auftragserteilung durch mehrere Personen davon aus, dass es für die Leistungsempfängerschaft durch die Gemeinschaft ausreichend sei, dass die Gemeinschaft als solche einem Gemeinschafter den Gegenstand oder Teile des Gegenstands unentgeltlich überlässt, weil dann von der Gemeinschaft Leistungen erbracht würden und die Gemeinschaft damit als solche als wirtschaftlich und umsatzsteuerrechtlich relevantes Gebilde auftreten würde. In diesem Fall sieht die Finanzverwaltung eine einheitliche Leistung an die Gemeinschaft. Mittlerweile hat die Finanzverwaltung aufgrund der Rechtsprechung des BFH ihre Rechtsauffassung entsprechend angepasst.
Rz. 301
Ein besonderes Problem stellt sich, wenn eine Personenvereinigung gegenüber ihren Mitgliedern (Gesellschaftern) zur Erfüllung des Gemeinschaftszwecks für die Gesamtbelange tätig wird und die Mitglieder (Gesellschafter) lediglich Mitgliederbeiträge (Gesellschafterbeiträge) entrichten.
Rz. 302
Nach nationalem Recht können Vereinigungen gegenüber ihren Mitgliedern im Rahmen nicht steuerbarer echter Mitgliederbeiträge oder im Rahmen sog. unechter Mitgliederbeiträge tätig werden. Um nicht steuerbare echte Mitgliederbeiträge handelt es sich danach dann, wenn die Vereinigung in Wahrnehmung der allgemeinen satzungsmäßigen Gemeinschaftszwecke gegenüber den Mitgliedern tätig wird. Steuerbare Leistungen wurden hingegen angenommen, wenn ein Entgelt für eine Sonderleistung entrichtet wurde; als steuerbar wurden auch im Umlageverfahren und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erhobene Beiträge angesehen, die den Sonderinteressen der Mitglieder dienten und allen Mitgliedern gegenüber erbracht werden. Der EuGH hatte dagegen schon 2002 entschieden, dass auch die Zahlung von Mitgliederbeiträgen ohne direkte, individuelle Gegenleistung zu einer steuerbaren Leistung des Vereins führt. Unerheblich für die Annahme des Leistungsaustauschs sei es, dass das einzelne Mitglied des Vereins unabhängig der individuellen Nutzung der von der Vereinigung angebotenen Leistungen verpflichtet ist, den Jahresbeitrag des Vereins zu bezahlen. Damit liegt ein direkter Zusammenhang zwischen der Leistung der Vereinigung und der Gegenleistung des Mitglieds vor – zumindest dann, wenn das Mitglied ein Leistungsangebot erhält. Auch in den Fällen, in denen passiven Mitgliedern zwar Nutzungsmöglichkeiten eingeräumt werden, aber das Mitglied die Leistungen tatsächlich nicht oder nur in sehr geringem Umfang in Anspruch nimmt, liegt noch ein solcher direkter Leistungszusammenhang vor (sog. Leistungsbereitschaft).
Rz. 303
Nur in den Fällen, in denen das Mitglied keine Leistung erhält, ergibt sich danach ein nicht steuerbarer Umsatz, der die Unternehmereigenschaft der Vereinigung ausschließt (z. B. ein Förderverein einer Schule erbringt gegenüber den Mitgliedern keine Leistungen). Der Verein ist insoweit nichtwirtschaftlich tätig.
Rz. 304
Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL sind aber bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Ein...