Rz. 30

Anders als bei der ASt spielt seit der Einführung der Mehrwertsteuer die Höhe der Bemessungsgrundlage der EUSt für unternehmerische Einfuhren eine nur untergeordnete Bedeutung, weil insoweit die EUSt nicht zu einer bleibenden Steuerbelastung eingeführter Gegenstände führt, wie es im System der Mehrphasensteuer der Fall war. Die EUSt wirkt sich bei Unternehmern, die hinsichtlich des eingeführten Gegenstands zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, infolge der EUSt-Abzugsberechtigung steuerlich nicht aus. Wirtschaftlich gesehen bedeutet die EUSt für das Unternehmen lediglich einen durchlaufenden Posten, der i. d. R. zum Vorsteuerabzug führt, bevor die EUSt selbst entrichtet ist. Da der Einfuhrbesteuerung – anders als bei der USt – keine inländische Lieferung zugrunde liegen muss, bei der umsatzsteuerlich ein Mehrwert abgeschöpft wird, und daher keine Rechnung mit Vorsteuerausweis und -berechtigung vorhanden ist, die beim liefernden Unternehmen zur Umsatzbesteuerung und beim Abnehmer zum Vorsteuerabzug führt, spielt auch die systembedingte Nachholwirkung der allgemeinen USt keine Rolle für die EUSt. Der die EUSt abführende Unternehmer selbst ist – bei Vorliegen der Voraussetzungen (Rz. 31) – zum Vorsteuerabzug berechtigt und nicht – wie bei der USt – eine dritte Person, der die Lieferung in Rechnung gestellt worden ist. Diese Eigenart der EUSt erklärt, dass die mit dem Vorsteuerabzug der USt verbundenen Sicherungen (z. B. Rechnung) und Folgen (z. B. Steuerentstehung, Steuerhinterziehung) auf die EUSt nicht übertragen werden können. Der Bedeutung der EUSt im unternehmerischen Bereich hat der BMF dadurch Rechnung getragen, dass er seine Dienststellen angewiesen hat (DV EUSt Abs. 27), in bestimmten Fällen von einer genauen Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die EUSt abzusehen (Rz. 393ff.).

 

Rz. 31

Ob eine genaue Ermittlung der EUSt-Bemessungsgrundlage erforderlich ist, hängt nach den BMF-Dienstvorschriften davon ab, ob die Gegenstände für das Unternehmen eines zum Vorsteuerabzug Berechtigten eingeführt werden. Zentrale Bedeutung kommt daher der Prüfung der Vorsteuerabzugsberechtigung zu. Diese steht dem Unternehmer für Gegenstände zu, die für sein Unternehmen ins Inland eingeführt worden sind oder die er zur Ausführung der in § 1 Abs. 3 bezeichneten Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG). Das ist nach der Rechtsprechung des BFH[1] in Anlehnung an den Lieferbegriff des § 3 Abs. 1 UStG derjenige Unternehmer, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den eingeführten Gegenstand besitzt.[2] Entscheidend ist, ob der Unternehmer hinsichtlich des eingeführten Gegenstands zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Unerheblich ist, ob dem Unternehmer in anderen Bereichen seines Unternehmens, in denen der eingeführte Gegenstand nicht verwendet wird (z. B. steuerfreie Vermietung), ein Vorsteuerabzug zusteht. Für die Einfuhrabfertigung ist daher von großer Bedeutung, dass die Zollanmeldung genauen Aufschluss über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug gibt. Ist der Unternehmer hinsichtlich des eingeführten Gegenstands zum Vorsteuerabzug berechtigt, so werden bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage Erleichterungen und Vereinfachungen zugelassen. Der von dem einführenden Unternehmer angemeldete gezahlte oder zu zahlende Kaufpreis und die angemeldeten Beförderungskosten werden – soweit der Zollwert nur wegen der EUSt zu ermitteln wäre – ohne weiteren Nachweis anerkannt, es sei denn, sie wären offensichtlich unzutreffend. Zu weiteren Vereinfachungen, z. B. Zulassung zur vereinfachten Zollwertfeststellung, s. DV EUSt Abs. 29f.; Rz. 311ff.

 

Rz. 32

Ein Bedürfnis für EUSt-Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO), für vorläufige EUSt-Bescheide (§ 165 AO) und für eine abweichende EUSt-Festsetzung aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) wird nicht anerkannt, wenn Gegenstände für das Unternehmen eines zum vollen Vorsteuerabzug Berechtigten eingeführt werden und zusätzlich im Fall des § 163 AO für Gegenstände, die nur der EUSt unterliegen (DV EUSt Abs. 51ff.). EUSt-Bescheide werden zugunsten des Steuerpflichtigen von Amts wegen nicht geändert, wenn die EUSt als Vorsteuer voll abzugsfähig ist (DV EUSt 51; § 21 UStG Rz. 277ff.). Anträge auf Erlass oder Erstattung aus Billigkeitsgründen (§ 227 AO; Art. 120 UZK) werden abgelehnt, wenn die Gegenstände des Vorsteuerabzugsberechtigten nur der EUSt unterliegen (DV EUSt Abs. 142; s. § 21 UStG Rz. 282). Erstreben Steuerpflichtige, die die EUSt in voller Höhe als Vorsteuer abziehen können, die Herabsetzung der EUSt oder die Befreiung von der EUSt durch Rechtsbehelfe, so kann grundsätzlich ein Änderungsbescheid erlassen werden (§ 14 Abs. 2 S. 2 EUStBV; DV EUSt Abs. 142); ein Rechtsschutzinteresse wird in diesen Fällen im Allgemeinen nur anerkannt, wenn eine Grundsatzentscheidung über den Steuersatz oder über eine Steuerbefreiungsvorschrift herbeigeführt werden soll (DV EUSt Abs. 52; § 21 UStG Rz. 282). Andererseits wird in solchen Fällen EUSt nicht nachgefordert – auch ...

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