Rz. 75
Bauträger führen an ihre Kunden typischerweise nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Grundstückslieferungen aus, indem sie schlüsselfertige Gebäude nebst dem dazugehörigen Grund und Boden liefern. Die Verwaltung hatte klargestellt, dass die Lieferung einer sog. Auf-Dach-Fotovoltaikanlage durch einen Bauträger unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG dem Nullsteuersatz unterliegt. Durch das BMF-Schreiben v. 30.11.2023 (a. a. O.) ist die Begünstigung auf alle Fotovoltaikanlagen einschließlich sog. dachintegrierter Fotovoltaikanlagen (Indachfotovoltaikanlagen) ausgedehnt worden. Der Nullsteuersatz gilt auch, wenn der Bauträger neben der Fotovoltaikanlage auch das Gebäude liefert.
Nach der Verwaltungsauffassung ist die Lieferung einer Fotovoltaikanlage eine eigenständige Leistung des Bauträgers an seinen Kunden, die dem Nullsteuersatz unterliegt. Somit ist sie keine unselbstständige Nebenleistung der steuerfreien Grundstückslieferung, die das umsatzsteuerliche Schicksal der Grundstückslieferung teilen würde und dann ebenfalls steuerfrei wäre.
Der Bauträger, dessen Leistung sowohl in der nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien Lieferung eines bebauten Grundstücks als auch in der dem Nullsteuersatz unterliegenden Lieferung einer Fotovoltaikanlage besteht, muss seinem Kunden entweder 2 Rechnungen über die unterschiedlichen Leistungen erteilen oder aber in einer einheitlichen Rechnung die steuerfreie Lieferung des bebauten Grundstücks einerseits und die dem Nullsteuersatz unterliegende Lieferung der Fotovoltaikanlage andererseits separat in Rechnung stellen (Rz. 120ff.).
Rz. 75a
Die Verwaltung hat sich im BMF-Schreiben v. 30.11.2023 (a. a. O.) lediglich zur Lieferung von Fotovoltaikanlagen durch Bauträger geäußert, die ein bebautes Grundstück (Grund und Boden zzgl. fertiggestelltes Gebäude) inkl. einer Fotovoltaikanlage liefern. Unklar bleiben die Fälle, in denen Bauunternehmer auf dem Grund und Boden des Bauherrn bauen, also nur das Gebäude inkl. einer Fotovoltaikanlage liefern. Denknotwendig kann hier nichts anderes als bei Bauträgern gelten.
Rz. 76
Normalerweise sind Bauträger wegen ihrer nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien Umsätze nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG vom Vorsteuerabzug aus sämtlichen Eingangsleistungen ausgeschlossen. Da die Lieferung einer Fotovoltaikanlage jedoch als eigenständiger Umsatz dem Nullsteuersatz unterliegt, können Bauträger aus den Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der Lieferung der Fotovoltaikanlage insoweit den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die Anwendung des Nullsteuersatzes führt nämlich nicht zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug (Rz. 1). Der Vorsteuerabzug des Bauträgers ist insbesondere aus den Rechnungen für den Bezug der Solarmodule und deren Komponenten, aber auch aus allen anderen Eingangsleistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Lieferung der Fotovoltaikanlage zulässig. Die Lieferung der Solarmodule usw. vom Hersteller/Händler an den Bauträger unterliegt nämlich dem Regelsteuersatz, weil der Bauträger nicht der Betreiber der Anlage ist (Rz. 50ff.).
Rz. 77
Der Nullsteuersatz dürfte auch zur Anwendung kommen, wenn der Bauträger eine Fotovoltaikanlage liefert, die nicht auf dem Dach, sondern an der Fassade des Gebäudes installiert wird. Liefert der Bauträger dagegen eine dachintegrierte Fotovoltaikanlage, bestehen auch nach der Änderung des Abschn. 12.18 Abs. 1 UStAE durch das BMF-Schreiben v. 30.11.2023 (Rz. 75) Zweifel, ob auf eine solche Fotovoltaikanlage der Nullsteuersatz anzuwenden ist. Bislang wurde in der Literatur die Auffassung vertreten, die Anwendung des Nullsteuersatzes scheide hier aus. In diesem Fall sei das Gebäude ohne die Fotovoltaikanlage nicht vollständig, sodass die Fotovoltaikanlage nicht als eigenständige Leistung betrachtet werden könne.
Schließt man sich dieser Auffassung an, geht die dachintegrierte Fotovoltaikanlage in der nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien Grundstückslieferung des Bauträgers an seinen Kunden auf. Ein Vorsteuerabzug des Bauträgers aus den Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der dachintegrierten Fotovoltaikanlage würde in diesem Fall nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausscheiden.