Rz. 73
Die Steuersätze des § 12 UStG (Regelsteuersätze) gelten nur für diejenigen Unternehmer, die nach den allgemeinen Vorschriften des UStG besteuert werden (Rz. 3). Für bestimmte Sonderfälle enthält das Gesetz noch weitere Steuersätze (Sondersteuersätze).
Die Steuersätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe bezeichnet § 24 UStG selbst als Durchschnittssätze. Sie sind aber in ihrer Funktion echte Steuersätze. Die Steuer für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze ist kraft Gesetzes diesen Steuersätzen entsprechend festgesetzt. Der Land- und Forstwirt kann seinem Abnehmer die Steuer unter Anwendung dieser Sätze gem. § 14 Abs. 2 UStG gesondert in Rechnung stellen. Der Abnehmer kann die ihm auf diese Weise in Rechnung gestellte USt unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen. Die Besonderheit besteht darin, dass der Steuer für die Umsätze im Regelfall in gleicher Höhe Vorsteuern gegenüberstehen, sodass keine Steuer an das FA zu entrichten ist. Eine Steuerzahllast entsteht nur für die in der Anlage 2 des UStG nicht aufgeführten Getränke und alkoholischen Flüssigkeiten und für die in der Anlage 2 des UStG nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse. Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde in § 24 Abs. 1 S. 1 UStG eine Umsatzgrenze von 600.000 EUR eingefügt. Danach kommt die Durchschnittssatzbesteuerung in der Land- und Forstwirtschaft nur noch dann zur Anwendung, wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 EUR betragen hat. Nach § 27 Abs. 32 UStG ist die neue Umsatzgrenze erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 ausgeführt werden. Zu den mit der neuen Umsatzgrenze verbundenen Zweifelsfragen hat die Verwaltung in einem BMF-Schreiben Stellung genommen und den UStAE um einen neuen Abschn. 24.1a erweitert.
Rz. 74
Zum 1.1.2007 ist der Durchschnittssatz für die Umsätze i. S. d. § 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG von 9 auf 10,7 % und für Umsätze i. S. d. § 24 Abs. 1 Nr. 1 UStG von 5 auf 5,5 % erhöht worden. Der Durchschnittssatz für Umsätze i. S. d. § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG ist – entsprechend der Erhöhung des allgemeinen Steuersatzes zum 1.1.2007 – von 16 auf 19 % angehoben worden (Rz. 25). Im zweiten Halbjahr 2020, als der allgemeine Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) von 19 % auf 16 % und der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 UStG) von 7 % auf 5 % abgesenkt worden ist (Rz. 30ff), hat der Gesetzgeber die land- und forstwirtschaftlichen Durchschnittssätze nicht angepasst. Insbesondere der Bundesrechnungshof hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass der Durchschnittssatz für landwirtschaftliche Umsätze und der korrespondierende Vorsteuerabzug nach seinen Berechnungen bereits seit Jahren zu hoch angesetzt worden ist. Auch um Konflikte mit dem Unionsrecht aus dem Wege zu gehen, hat der Gesetzgeber daraufhin in § 24 UStG einen neuen Absatz 5 angefügt. Nach § 24 Abs. 5 UStG überprüft das BMF jährlich die Höhe des Durchschnittssatzes i. S. d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und S. 3 UStG und berichtet dem Deutschen Bundestag über das Ergebnis der Überprüfung. Soweit danach eine Anpassung des Durchschnittssatzes erforderlich ist, legt die Bundesregierung kurzfristig einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Die Überprüfung durch das BMF hat dazu geführt, dass der Durchschnittssatz für landwirtschaftliche Erzeugnisse zunächst mWv 1.1.2022 von 10,7 % auf 9,5 % herabgesetzt worden ist. Als Ergebnis der weiteren Prüfung durch das BMF wurde der Durchschnittssatz für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse nochmals mWv 1.1.2023 von 9,5 % auf 9 % herabgesetzt.