Rz. 162
Nach § 13b Abs. 5 S. 1 (zweiter Satzteil) UStG schuldet der Leistungsempfänger für die in § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a, Nr. 6, 7 und 9 bis 11 UStG bezeichneten Umsätze die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist. Durch die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft bei den in § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a UStG genannten Umsätzen wird vermieden, dass sich ein im Ausland ansässiger Lieferant für Umsatzsteuerzwecke im Inland erfassen lassen muss. In den übrigen Fällen ist die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers in erster Linie zur Vermeidung von Steuerausfällen infolge von Karussellbetrügereien eingeführt worden (Rz. 78f., Rz. 84, Rz. 85).
Rz. 163
Bei Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz durch einen inländischen Unternehmer ist der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner, wenn er ein Wiederverkäufer von Erdgas i. S. v. § 3g UStG ist (§ 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b i. V. m. Abs. 5 S. 3 UStG). Bei Lieferungen von Elektrizität durch einen inländischen Unternehmer ist die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers davon abhängig, dass sowohl der Lieferer als auch der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität i. S. v. § 3g Abs. 1 UStG sind (§ 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b i. V. m. Abs. 5 S. 4 UStG). Der Begriff des Wiederverkäufers von Erdgas oder Elektrizität wird in Abschn. 3g.1 Abs. 2 und 3 UStAE definiert. Damit fallen Betreiber von dezentralen Stromgewinnungsanlagen (z. B. Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen, Biogas Blockheizkraftwerke), wenn sie ausschließlich Elektrizität liefern, nicht hierunter (Abschn. 13b.3a Abs. 2 S. 4 UStAE). Anders ist es, wenn ein Unternehmer Strom zum Zwecke des Verkaufs einkauft und ebenfalls Strom selbst produziert. Nach Verwaltungsauffassung fallen auch die Lieferungen des selbst erzeugten Stroms an einen anderen Wiederverkäufer unter die Regelung des § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG.
Die Verwaltung geht davon aus, dass ein Unternehmer Wiederverkäufer von Erdgas oder Elektrizität ist, wenn er einen im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültigen Nachweis nach dem Vordruckmuster USt 1 TH im Original oder in Kopie vorlegt.
Dies soll auch dann gelten, wenn der Nachweis gefälscht ist, es sei denn, dem Vertragspartner war die Fälschung bekannt (Abschn. 13b.3a Abs. 2 S. 6 und 7 UStAE).
Die Gebietskörperschaften Bund und Länder gelten nach Verwaltungsauffassung weder für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz noch für die Lieferung von Elektrizität als Wiederverkäufer.
Rz. 164
Im Falle einer Organschaft ist für die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf die Eigenschaft als Wiederverkäufer der einzelnen Organgesellschaft bzw. des Organträgers und nicht des Organkreises abzustellen. Nicht steuerbare Innenumsätze sind bei der Ermittlung der Wiederverkäufereigenschaft unbeachtlich. Zum Antrag auf Ausstellung der Bescheinigung nach Vordruckmuster USt 1 TH in Organschaftsfällen gelten die Ausführungen in Rz. 170f. entsprechend (Abschn. 13b.3a Abs. 3 UStAE).
Rz. 165
Auch Kleinunternehmer, pauschalversteuernde Land- und Forstwirte sowie Unternehmer, die ausschließlich stfreie Umsätze tätigen, schulden als Leistungsempfänger die Steuer. Die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft tritt auch dann ein, wenn die empfangenen Leistungen für den nichtunternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers bestimmt sind (§ 13b Abs. 5 S. 7 UStG). Ausgenommen hiervon sind in den Fällen des § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b, Nr. 7 und Nr. 9 bis 12 UStG Leistungen, die an den nichtunternehmerischen Bereich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Das gilt auch dann, wenn diese im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art unternehmerisch tätig sind. Für Lieferungen i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 5b UStG, die ausschließlich an den nichtunternehmerischen Bereich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, machte die Verwaltung schon bislang eine Ausnahme von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft, auch wenn die juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art als Wiederverkäufer von Erdgas bzw. Elektrizität i. S. v. § 3g Abs. 1 UStG unternehmerisch tätig sind. Damit sollte unnötiger Verwaltungsaufwand vermieden werden.
Rz. 165a
Bei der Ausführung von steuerpflichtigen Leistungen an Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder sind nach Verwaltungsauffassung die Verhältnisse der jeweiligen Gebietskörperschaft maßgebend. Dabei gelten die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Nr. 5a UStG (Lieferung durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer) stets als gegeben. Gleiches soll für die Voraussetzungen des § 13b Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 bis 3, Nr. 6, Nr. 7, Nr. 9 bis 11 UStG gelten. Hingegen sollen bei einem im Inland ansässigen Lieferanten die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Nr. 5b UStG stets nicht erfüllt sein. Gleiches soll auch für die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Nr. 12 UStG gelten.