Rz. 60
Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 UStG in der ab dem 1.1.2025 geltenden Fassung des Wachstumschancengesetzes v. 27.3.2024 hat einerseits die zuvor wortlautidentische Regelung über die Gewährleistung der Echtheit der Herkunft der Rechnung, der Unversehrtheit ihres Inhaltes und ihre Lesbarkeit aus § 14 Abs. 1 S. 2 bis 6 UStG in § 14 Abs. 3 S. 1 bis 5 UStG unverändert übernommen (unionsrechtliche Grundlage Art. 233 MwStSystRL) und enthält andererseits weiterhin in § 14 Abs. 3 S. 6 die zuvor ausschließlich in Abs. 3 enthaltenden Vermutungsregelungen zur Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts bei einer elektronischen Rechnung.
Rz. 61
Unter dem Begriff der Echtheit der Herkunft einer Rechnung ist nach § 14 Abs. 3 S. 2 UStG (bis 31.12.2024: § 14 Abs. 1 S. 3 UStG) die Sicherheit der Identität des Rechnungs- oder Gutschriftausstellers zu verstehen. Damit ist nichts anderes gesagt, als dass der Rechnungsempfänger sich Klarheit darüber verschaffen muss, wer ihm die Rechnung erteilt hat. Praktisch lässt sich daraus nur ableiten, dass ein Dokument, dessen Aussteller nicht zweifelsfrei feststeht, keine für Umsatzsteuerzwecke taugliche Rechnung ist. Die Echtheit der Herkunft einer Rechnung ist demnach gewährleistet, wenn die Identität des Rechnungsausstellers so sichergestellt ist, dass er eindeutig feststellbar ist.
Rz. 62
Die Unversehrtheit des Inhalts der Rechnung bedeutet nach § 14 Abs. 3 S. 3 UStG (bis 31.12.2024: § 14 Abs. 1 S. 4 UStG), dass "die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben" nach Ausstellung bzw. während der Übermittlung der Rechnung nicht geändert werden können. Insoweit ist allerdings einschränkend zu berücksichtigen, dass § 31 Abs. 5 UStDV eine Berichtigung von Rechnungen durch den Rechnungsaussteller ausdrücklich erlaubt (Rz. 146 ff.). Mit den "nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben" sind die Angaben gemeint, die in § 14 Abs. 4 UStG und in § 14a UStG für den Inhalt einer Rechnung vorgeschrieben sind.
Rz. 63
Das Erfordernis der Lesbarkeit einer Papierrechnung für das menschliche Auge erklärt sich von selbst (Abschn. 14.4 Abs. 3 S. 4 UStAE).
Besondere Bedeutung erlangt dieses Erfordernis erst für Rechnungen, die in einem elektronischen Format (z. B. ein PDF-Dokument) ausgestellt und empfangen werden. Jedenfalls für den Zeitraum bis 31.12.2024 stellte Abschn. 14.4 Abs. 3 S. 4 UStAE klar, dass Rechnungsdaten die per EDI-Verfahren, XML-Nachrichten oder anderen strukturierten elektronischen Nachrichtenformen übermittelt worden sind, in ihrem Originalformat nicht lesbar waren, sondern erst nach einer Konvertierung.
Im Zusammenhang mit E-Rechnungen bedeutet "Lesbarkeit" ab dem 1.1.2025 in diesem Zusammenhang allerdings, dass der strukturierte Datensatz – z. B. die XML-Datei bei einer Rechnung, die der Normenreihe EN 16931 entspricht – nur noch maschinell auswertbar sein muss (maschinelle Lesbarkeit). Daher ist die zusätzliche Erstellung eines menschenlesbaren Dokuments nicht mehr erforderlich. Die maschinelle Auswertbarkeit einer standardisierten Datei ermöglicht es auch, dass die Datei z. B. durch eine Visualisierungsanwendung menschenlesbar angezeigt werden kann. Die zusätzliche Übermittlung eines menschenlesbaren Dokuments z. B. durch ein hybrides Format oder ein zusätzliches PDF-Dokument ist somit nicht erforderlich, aber optional weiterhin möglich.
Rz. 64
Die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts sowie die Lesbarkeit der Rechnung müssen während des gesamten zehnjährigen Aufbewahrungszeitraums gewährleistet werden (§ 14b Abs. 1 S. 1–2 UStG). In welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden, legt jeder Unternehmer entsprechend § 14 Abs. 3 S. 4 UStG (bis 31.12.2024: § 14 Abs. 1 S. 5 UStG) eigenverantwortlich fest; dies kann gem. § 14 Abs. 3 S. 5 UStG (bis 31.12.2024: § 14 Abs. 1 S. 5 und 6 UStG) durch jegliches innerbetriebliches Kontrollverfahren erreicht werden, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen kann.
Rz. 64a
Unter einem solchen innerbetriebliches Kontrollverfahren wird ein Verfahren verstanden, welches der Unternehmer zum Abgleich der Rechnungen mit den Zahlungsverpflichtungen einsetzt (Abschn. 14.4 Abs. 5 S. 1 UStAE). Der Unternehmer dürfte daher bereits im eigenen Interesse ein entsprechendes Verfahren vorhalten, um zu gewährleisten, dass tatsächlich nur die Rechnungen beglichen werden, zu deren Begleichung er auch verpflichtet ist. Jedes bestehende Rechnungsprüfungssystem erfüllt diese Anforderungen (Abschn. 14.4 Abs. 5 S. 2 ff. UStAE), wenn es einen verlässlichen Prüfpfad gibt, durch den ein Zusammenhang zwischen der Rechnung und der zugrundeliegenden Leistung hergestellt werden kann (Abschn. 14.4 Abs. 6 S. 1 ff. UStAE). Erfreulicherweise unterliegt weder das ausgewählte innerbetriebliche Kontrollverfahren noch der Prüfpfad einer eigenständigen Dokumentationspflicht (Abschn. 14.4 Abs. 6 S. 3 UStAE). Ein manuelles Prüfverfahren durch Abgleich ...