Rz. 86

Während der BFH mit seinen Auslegungskriterien mehr auf die Nachhaltigkeit der Tätigkeit als solcher abstellt, geht die Rechtsprechung des EuGH mehr in die Richtung, die Nachhaltigkeit vor dem Hintergrund der nachhaltigen Einnahmeerzielung zu interpretieren (wirtschaftliche Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen).

 

Rz. 87

Der EuGH[1] hatte zu beurteilen, ob eine gelegentliche Vermietung eines Wohnmobils – die dabei überwiegend an den Ehepartner erfolgte – die Unternehmereigenschaft der Vermieterin nach sich ziehen kann. Nach der Auffassung des EuGH kommt es bei dieser Nutzung des Gegenstands darauf an, ob er nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt wird. Der BFH hat daraufhin[2] entschieden, dass eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG bei richtlinienkonformer Anwendung[3] eine wirtschaftliche Tätigkeit sein muss. Die Vermietung eines körperlichen Gegenstands erfüllt diese Voraussetzungen, wenn sie als Nutzung des Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vorgenommen wird. Eine nur gelegentlich ausgeübte Tätigkeit reicht nicht aus. Die Feststellung, ob die Vermietung eines körperlichen Gegenstands – wie eines Wohnmobils – zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vorgenommen wird, ist von dem nationalen Gericht aufgrund der Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen. Wird ein Gegenstand vermietet, der seiner Art nach sowohl für wirtschaftliche als auch für private Zwecke verwendet werden kann, sind dabei alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird. Eine Nachprüfungsmöglichkeit ist der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen der Betreffende den Gegenstand tatsächlich nutzt, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird. Bei Überprüfung der Unternehmereigenschaft ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für und gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können. Es sind u. a. zu würdigen: die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden, das Unterhalten eines Geschäftslokals. Der tatsächlichen Würdigung der Einzelheiten durch das Tatsachengericht kommt insoweit besondere Bedeutung zu. In dem entschiedenen Fall ist der BFH zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der geringen entgeltlichen Nutzung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit gegeben war.

 

Rz. 88

Damit besteht die Tendenz, die bisherige Trennung der Voraussetzungen "Nachhaltigkeit" und "Einnahmeerzielungsabsicht" zu einem einheitlichen Kriterium "nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Einnahmeerzielung" zusammenzufassen. Eine solche "ganzheitliche Betrachtung", bei der tatsächlich alle Besonderheiten des Einzelfalls Berücksichtigung finden, ist systematisch durchaus zu begrüßen, da man damit den vielschichtigen Gestaltungsformen der Praxis eher gerecht werden kann, als mit einer eher summarischen Abarbeitung von Einzelkriterien. Allerdings muss in jedem Fall eine eigene Teilnahme des potenziellen Unternehmers auf dem relevanten Markt vorliegen. So hat der EuGH[4] entschieden, dass die Versteigerung von UMTS-Lizenzen durch die nationalen Regulierungsbehörden keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, da die Behörde mit der Versteigerung nicht selbst auf dem Telekommunikationsmarkt tätig wird, sondern nur die Inhaber der zugeteilten Rechte auf dem Markt tätig werden und daraus nachhaltig Einnahmen erzielen.

[1] EuGH v. 26.9.1996, C-230/94, Enkler, UR 1996, 418.
[4] EuGH v. 26.6.2007, C-284/04, T-Mobile Austria GmbH u. a., BFH/NV Beilage 2007, 402; EuGH v. 26.6.2007, C-369/04, Hutchison 3G UK Ltd. u. a., BFH/NV Beilage 2007, 407.

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