Rz. 41
Zivilrechtlich ist ein Grundstück ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als selbstständiges Grundstück eingetragen ist. Zu einem Grundstück gehören auch seine wesentlichen Bestandteile: Gebäude und alles, was mit einem Gebäude nicht nur vorübergehend fest verbunden ist, z. B. Fahrstuhl, Treppenaufgang, Zentralheizung. Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es Menschen, Tieren oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist. Nach Abschn. 3a.3 Abs. 2 UStAE richtet sich der Grundstücksbegriff des Umsatzsteuerrechts allerdings nicht nach dem (nationalen) Zivilrecht, sondern ist ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts. Unter einem Grundstück ist danach zu verstehen:
- ein bestimmter über- oder unterirdischer Teil der Erdoberfläche, an dem Eigentum und Besitz begründet werden kann, jedes mit oder in dem Boden über oder unter dem Meeresspiegel befestigte Gebäude oder jedes derartige Bauwerk, das nicht leicht abgebaut oder bewegt werden kann,
- jede Sache, die einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes oder eines Bauwerks bildet, ohne die das Gebäude oder das Bauwerk unvollständig ist, wie z. B. Türen, Fenster, Dächer, Treppenhäuser und Aufzüge,
- Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder erheblich zu verändern (die Veränderung ist immer dann unerheblich, wenn die betreffenden Sachen einfach an der Wand hängen und wenn sie mit Nägeln oder Schrauben so am Boden oder an der Wand befestigt sind, dass nach ihrer Entfernung lediglich Spuren oder Markierungen zurückbleiben (z. B. Dübellöcher), die leicht überdeckt oder ausgebessert werden können).
Rz. 42
Die Frage, ob eine Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks i. S. d. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG vorliegt, richtet sich ebenfalls nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach Unionsrecht. Danach setzt die Vermietung eines Grundstücks voraus, dass dem Mieter vom Vermieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, das Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung als "Vermietung" i. d. S. zu behandeln ist, sind alle Umstände des Einzelfalls, vor allem der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zu berücksichtigen. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben. Diese Voraussetzungen gelten auch für die Verpachtung eines Grundstücks und die hierdurch typischerweise eingeräumten Berechtigungen an dem Grundstück zur Ausübung einer sachgerechten und nachhaltigen Bewirtschaftung. Es kommt nicht darauf an, ob in einem Vertrag die Bezeichnungen "Miete" oder "Pacht" gebraucht werden. Entscheidend ist vielmehr, ob der Vertrag inhaltlich als Mietvertrag oder Pachtvertrag anzusehen ist. Nach Abschn. 4.12.1 Abs. 4 UStAE soll eine Grundstücksvermietung nicht vorliegen bei der Vermietung von Baulichkeiten, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden und daher keine Bestandteile des Grundstücks sind. Steuerpflichtig soll hiernach insbesondere die Vermietung von Büro- und Wohncontainern, Baubuden, Kiosken, Tribünen und ähnlichen Einrichtungen sein. Steuerpflichtig ist auch die Vermietung beweglicher Gegenstände wie z. B. Zelte, Wohnanhänger und Mobilheime.
Rz. 43
Nach EuGH v. 16.1.2003 ist der Rückgriff auf das deutsche Zivilrecht, das zwischen wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks und Scheinbestandteilen unterscheidet, für die Auslegung des unionsrechtlichen Vermietungsbegriffs unerheblich. Vor dem Hintergrund, dass der Richtliniengeber die Vermietung beweglicher Gegenstände der Umsatzbesteuerung unterwerfen wollte, kommt es lediglich darauf an, ob das vermietete Gebäude aus einer in das Erdreich eingelassenen Konstruktion besteht. Es ist unerheblich, ob das Gebäude auf diese Weise mit dem Boden untrennbar verbunden ist oder nicht. Um ein Gebäude soll es sich aber nur dann handeln, wenn die Konstruktion nicht leicht demontiert und ersetzt werden kann, wie dies z. B. bei Wohnanhängern, Zelten, Mobilheimen oder sonstigen Freizeitunterkünften dieser Art der Fall ist. Diese rechtliche Beurteilung soll auch für den Fall gelten, dass der Vermieter nur das Gebäude vermietet, nicht aber den Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet worden ist. Das Urteil wirft Fragen dahingehend auf, wie fest denn ein Wohngebäude mit dem Grund und Boden verbunden sein muss, um den Vermietungsbegriff zu erfüllen. Der EuGH hat sich hier nicht auf ein eindeutiges Kriterium festgelegt. Entscheidend für den Vermietungsbegriff ist ...