Rz. 86

Nach § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. c UStG sind im Gleichklang mit § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. k UStG auch die Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 BGB bestellt worden sind, von der USt befreit. Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff "Einrichtungen" unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen. Nicht nach der Vorschrift begünstigt sind Leistungen, die nach § 1877 Abs. 3 BGB vergütet werden.

 

Rz. 87

Nach § 1773 BGB bestellte Vormünder üben eine in ihrem Wesensgehalt den Betreuern gleichartige Tätigkeit aus. Die Steuerbefreiung ist aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) daher auch auf Vormünder zu erstrecken. Abweichungen bestehen lediglich in den Modalitäten der Vergütung, die umsatzsteuerlich jedoch nicht beachtlich sind. Entscheidend ist die Gleichartigkeit der erbrachten Leistungen. Da Vormünder ihre Leistungen gegenüber Minderjährigen erbringen, beruht die Steuerbefreiung auf der unionsrechtlichen Grundlage des Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL.

 

Rz. 88

Auch für Leistungen der Ergänzungspfleger nach § 1809 BGB gilt wegen der Vergleichbarkeit der Tätigkeit mit Vormündern die Steuerbefreiung. Nach § 1809 Abs. 1 BGB erhält derjenige, der unter elterlicher Sorge oder unter Vormundschaft steht, für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind, einen Pfleger. Der Pfleger hat die Pflicht und das Recht, die ihm übertragenen Angelegenheiten im Interesse des Pfleglings zu dessen Wohl zu besorgen und diesen zu vertreten. Der Ergänzungspfleger ist im Rahmen seines Aufgabenkreises anstelle der Eltern gesetzlicher Vertreter des Kindes. Er nimmt insoweit Aufgaben der Eltern an ihrer Stelle wahr. Je nach Schwerpunkt kann es sich um Tätigkeiten im Rahmen der Personensorge (z. B. Regelung der Unterbringung des Kindes in einer Flüchtlingsunterkunft oder einer Jugendhilfeeinrichtung) oder der Vermögenssorge (z. B. Stellung eines Antrags auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts) handeln. In jedem Fall geht es um die Ausübung von Fürsorgeaufgaben für das minderjährige Kind.

 

Rz. 89

Die Ergänzungspflegschaft nach § 1809 BGB dient wie die Vormundschaft der Fürsorge für Minderjährige, wenn in Teilbereichen ihre Angelegenheiten nicht von dem Sorgeberechtigten (Eltern oder Vormund) wahrgenommen werden können. Dies kann sich vergleichbar dem Betreuungsrecht auf die Personen- oder Vermögenssorge oder einzelne Angelegenheiten dieser Bereiche beziehen. Die sorgerechtliche Zuständigkeit der Eltern oder des Vormunds bleibt dann in den übrigen Angelegenheiten bestehen. So kann Eltern bei Vernachlässigung des Kindes nur die Personensorge entzogen werden, für die ein Ergänzungspfleger bestellt wird. Die Vermögenssorge bleibt dann bei den Eltern. Andererseits kann auch die Ergänzungspflegschaft für Vermögensangelegenheiten des Minderjährigen erforderlich sein, so insbesondere in den Fällen des § 1809 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. m. § 1638 Abs. 1 BGB. Die Pflegschaft kann berufsmäßig geführt werden. Der Ergänzungspfleger erhält in diesem Fall – wenn der Mündel, wie in aller Regel, mittellos ist – eine Vergütung aus der Staatskasse gem. § 1808 Abs. 3 BGB, § 1ff. VBVG.[1] Eine auf die Vergütung entfallende USt wird, soweit sie nicht nach § 19 Abs. 1 UStG unerhoben bleibt, zusätzlich ersetzt.[2]

Der (anwaltliche) Einzelvormund ist als Einrichtung i. S. v. § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. c UStG anzusehen und hinsichtlich seiner Vergütung von der Umsatzsteuerpflicht befreit, soweit es sich nicht um Leistungen i. S. v. § 1835 Abs. 3 BGB (ab 1.1.2023 § 1877 Abs. 3 BGB) handelt.[3]

 

Rz. 90

Keine vergleichbaren Tätigkeiten werden jedoch bei den weiteren Pflegschaften des BGB ausgeübt. Sie sind mit der Vormundschaft und Ergänzungspflegschaft nicht vergleichbar, da diese nicht auf die Fürsorge für Minderjährige gerichtet sind und somit bei ihnen der spezifisch soziale Charakter nicht gegeben ist. Die Abwesenheitspflegschaft für abwesende Volljährige[4] und die Nachlasspflegschaft[5] sowie die Sammlungspflegschaft[6] betreffen nur das Vermögen und haben keinen spezifischen Bezug auf Minderjährige, für die die elterlichen Sorgeberechtigten ersetzt werden müssen. Die Pflegschaft für einen unbekannten Beteiligten nach § 1882 BGB wird i. d. R. das Vermögen betreffen, das Gleiche gilt für die Pflegschaft für ein ungeborenes Kind nach § 1810 BGB. Der Hintergrund der Wahrnehmung von sorgerechtsrelevanten Angelegenheiten schutzbedürftiger Minderjähriger und mithin der spezifisch soziale Charakter entfallen in diesen Fällen. Für diese Tätigkeiten wird deshalb keine Umsatzsteuerbefreiung gewährt. Die Umgangspflegschaft ist ein Sonderfall der Pflegschaft. Der Umgangspfleger regelt den Umgang zwischen Eltern(-teil) und Kind. § 1813 Abs. 1 BGB sieht vor, dass auf die Pflegschaft die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften – somit auch § 1773 BGB über die Best...

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