Rz. 77
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG setzt im Doppelbuchstaben bb voraus, dass
- die Leistungen sich auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaats der EG beziehen und
- die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind.
Rz. 78
Zu beachten ist, dass die Einbeziehung der Kosten für bestimmte Leistungen im Zusammenhang mit der Einfuhr in die Bemessungsgrundlage für die Einfuhr Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung auf diese Umsätze nach § 4 Nr. 3 S. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 3 UStG ist geschaffen worden, um eine doppelte Besteuerung von Umsätzen und auch ggf. die Anwendung des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens zu vermeiden. Sind die Kosten für derartige Leistungen nicht in der Bemessungsgrundlage der Einfuhr enthalten, sind die Umsätze steuerpflichtig. Der leistende Unternehmer hat seinem Abnehmer die USt in Rechnung zu stellen. Dieser kann hierfür den Vorsteuerabzug geltend machen. Ist der Abnehmer nicht im Inland ansässig, kann er ggf. die in Rechnung gestellte USt nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend machen. Ist der Unternehmer davon ausgegangen, dass das Entgelt für seine Leistung in die Bemessungsgrundlage für die Einfuhr eingegangen ist und hat er dementsprechend seinen Umsatz steuerfrei behandelt, stellt sich aber im Nachhinein heraus, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nicht vorlagen, weil tatsächlich – aus welchen Gründen auch immer – die Kosten nicht in die Bemessungsgrundlage bei der Einfuhr eingeflossen sind, muss er seine ursprüngliche Behandlung rückgängig machen und den Umsatz versteuern. Eine dem Leistungsempfänger erteilte Rechnung ist zu berichtigen. Nach dem Gesetzeswortlaut sind sämtliche bis zum Zeitpunkt des Entstehens der EUSt feststehenden Kosten zwingend zu erfassen. Das gilt auch für die Kosten etwaiger unselbstständiger Nebenleistungen zu der Hauptleistung. Es ist also nicht unerheblich, wenn nicht sämtliche Beförderungskosten in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage einbezogen sind (andernfalls wären Fälle eines unversteuerten Letztverbrauchs – insbesondere bei nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfängern – zu befürchten). Dies gilt auch für Beförderungsleistungen gegenüber einem zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer. Auf die Kenntnis des leistenden Beförderungsunternehmers, dass sein Auftraggeber ein zum vollen Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist, kommt es nicht an.
Rz. 79
Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in die Gemeinschaft verbracht wird. Ein Gegenstand der Einfuhr ist im Hinblick auf den Einfuhrbegriff ein Gegenstand, der aus dem Drittland in das Gemeinschaftsgebiet gelangen soll, also sich im Zustand der Einfuhr befindet und zu diesem Zweck z. B. befördert, umgeschlagen oder gelagert wird. Von einem Gegenstand der Einfuhr kann nicht mehr die Rede sein, sobald der Gegenstand zoll- und einfuhrumsatzsteuerlich zum freien Verkehr abgefertigt ist. Die einzelnen Gegenstände verlieren ihren Charakter als Gegenstände der Einfuhr, wenn sie in den freien Verkehr treten, d. h. von der Zollstelle zum freien Verkehr abgefertigt worden sind. Werden Gegenstände nach ihrem Verbringen in die Gemeinschaft zu einem Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung, z. B. Zolllager, aktive Veredelung, abgefertigt, entsteht die EUSt i. d. R. (ausgenommen bei Zuwiderhandlungen) mit Überführung von einfuhrabgabenpflichtigen Nicht-Unionswaren in das Zollverfahren "Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr, auch im Rahmen der Vorschriften über die Endverwendung". Die Kosten, die während des Zollverfahrens entstehen, z. B. durch übliche Lagerbehandlung, Instandhaltung, sind in die Bemessungsgrundlage der EUSt einzubeziehen.
Rz. 80
Ein Gegenstand wird gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG Steuergegenstand der EUSt mit der Einfuhr im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg. Tatsächlich ist der Einfuhrvorgang abgeschlossen, wenn der eingeführte Gegenstand dem Empfänger übergeben wird. Einfuhrumsatzsteuerrechtlich ist die Einfuhr beendet, wenn der Gegenstand aufgrund zollamtlicher Abfertigung in den freien, ungebundenen Verkehr des Inlands überführt ist. Die Zeitpunkte für die tatsächliche und die rechtliche Beendigung der Einfuhr fallen in aller Regel auseinander. Es steht weitgehend in der Dispositionsfreiheit des Einführers, wann, wie und wo er die eingeführten Gegenstände zollamtlich abfertigen lässt. Von seiner Anmeldung hängt es allein ab, ob die Gegenstände von der Grenzzollstelle bereits in den freien Verkehr oder zunächst in ein anderes Zollverfahren (z. B. Versandverfahren mit anschließender Zollgutlagerung) überführt werden. Dementsprechend hätte es der Anmelder in der Hand, zu bestimmen, ob die Kosten der Beförderung und sonstiger Leistungen im Inland in die Bemessungsgrundlage der EUSt einbezogen oder als Entgelte der allgemeinen USt unterworfen werd...