Rz. 36

Wegen der gleitenden Verweisung in § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ist das GrEStG in der jeweils geltenden Fassung maßgebend. Die Umsätze, die unter das GrEStG fallen, also nach diesem Gesetz steuerbar sind, sind in § 1 GrEStG aufgeführt. Dies sind die dort abschließend aufgezählten Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

 

Rz. 37

Das GrEStG erfasst bestimmte Rechtsvorgänge, die auf den Erwerb inländischer Grundstücke i. S. d. § 2 GrEStG gerichtet sind. Grunderwerbsteuerbar sind insbesondere die Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks begründen, also insbesondere Kaufverträge. Damit ist der Steuergegenstand bei der GrESt grundsätzlich ein anderer als bei der USt. Die USt erfasst nicht schon die Verpflichtungsgeschäfte, sondern grundsätzlich erst die Erfüllungsgeschäfte (Verschaffung der Verfügungsmacht). Besteuerungsgegenstand ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich die ausgeführte einzelne Leistung.[1] Sie wird bestimmt durch die Art ihrer Ausführung (Lieferung oder sonstige Leistung), den Gegenstand, auf den die Ausführung gerichtet ist (z. B. Lieferung eines erschlossenen unbebauten Grundstücks), durch die Beteiligten (Leistender, Leistungsempfänger) und durch ihre Entgeltlichkeit (i. S. einer Entgeltserwartung), nicht aber durch den Umfang einer Bemessungsgrundlage. Umsatzsteuerrechtlich umfasst der Umsatz nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung weitere Leistungen nur, wenn sie mit dem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, dass sie in ihm aufgehen und ihre Selbstständigkeit verlieren.[2] Entsprechend werden Nebenleistungen, das sind Leistungen, die im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich sind, sie wirtschaftlich ergänzen, abrunden und üblicherweise zusammen mit der Hauptleistung ausgeführt werden[3], umsatzsteuerrechtlich nicht selbstständig, sondern ebenso wie die Hauptleistung beurteilt. Im Übrigen wird der Grundsatz der selbstständigen Beurteilung jedes Umsatzes, d. h. der einzelnen Leistung, im Umsatzsteuerrecht nicht mehr durchbrochen.[4]

 

Rz. 38

Der auf diese Weise bestimmte Umsatz begrenzt zugleich den Regelungsbereich des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG. Nur für diesen Regelungsbereich wirkt die Vorschrift. Steuerfrei ist danach ein Umsatz, wenn er "unter das GrEStG fällt", d. h. im Regelfall, wenn das ihm zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft nach § 1 GrEStG steuerbar ist. Soweit also ein erschlossenes oder nicht erschlossenes, bebautes oder unbebautes Grundstück (umsatzsteuerlich) geliefert wird, ist dieser Umsatz nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei, weil er unter das GrEStG[5] fällt. Die USt-Befreiung setzt Umsatzsteuerbarkeit voraus. Da es sich regelmäßig um Leistungen i. S. v. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück) handelt, die sich auf inländische Grundstücke beziehen, ist die Steuerbarkeit gegeben. Der Umsatz durch Lieferung des Grundstücks schließt alle Leistungen gegenüber dem Erwerber ein, die mit diesem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, dass sie in ihm aufgehen und ihre Selbstständigkeit verlieren (einheitliche Leistung). Ebenso erfasst die Steuerbefreiung unselbstständige Nebenleistungen. Steuerfrei ist danach – wegen der Ungleichheit des Besteuerungsgegenstands – im Regelfall das unter § 1 GrEStG fallende Verpflichtungsgeschäft, das zu dem Umsatz i. S. v. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG führt.[6]

 

Rz. 39

Die umsatzsteuerrechtliche Systematik zwingt dazu, zunächst die Leistung zu bestimmen, ihre Steuerbarkeit zu beurteilen und erst dann über die Steuerbefreiung zu befinden. Es muss auch geprüft werden, ob einzelne Leistungen als Teil der einheitlichen Grundstückslieferung oder als unselbstständige Nebenleistungen anzusehen sind und ob sie umsatzsteuerrechtlich die Beurteilung als Umsatz, der unter das GrEStG fällt, teilen. Eine umsatzsteuerrechtlich einheitliche Beurteilung von Grundstückslieferung und weiteren Leistungen kann weder durch rechtsgeschäftliche Verbindung noch durch die im Grunderwerbsteuerrecht geltenden Grundsätze für die Bestimmung der Gegenleistung gerechtfertigt werden.[7] Der zu beurteilende Sachverhalt ist zunächst umsatzsteuerrechtlich zu erfassen und erst danach grunderwerbsteuerrechtlich zu würdigen.[8]

 

Rz. 40

Ist Gegenstand der zu erbringenden Leistung ein bebautes Grundstück, liegt eine einheitliche Leistung vor, die im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf. Gleiches gilt für die Übertragung eines durch den Grundstücksverkäufer zu bebauenden Grundstücks.[9] Die Frage, ob ein einheitlicher (steuerbefreiter) Liefervorgang eines bebauten Grundstücks zu verneinen ist, weil der Gegenstand des zivilrechtlich auf zwei Verträge aufgeteilten Erwerbsvorgangs ein Grundstück mit darauf erst noch zu errichtendem Gebäude ist, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden.[10] Über die Steuerbefreiung eines "Umsatzes" ist nach umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden und Baubetreuungsle...

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